Wer Speck selber macht, der hat auf einmal recht viel davon. Zumindest deutlich mehr, als ein normaler Mensch sich zum Frühstück braten oder übers Boeuf Bourguignon streuen kann. Was man da machen kann? Speckbohnen.

Meist sind Speckbohnen der Inbegriff des billigen Dosenfraßes. Dank ihrer beiden berühmtesten Esser (sowie: http://www.youtube.com/watch?v=ZnxwR99RLp0) bin ich aber leider seit Kindheitstagen darauf konditioniert, sie zu mögen. Mit Hingabe gemacht, haben sie Tellerausschleck-Qualitäten, und mit ganz besonders viel Hingabe macht sie Fergus Henderson. Der Mann ist berühmt geworden für seine Affinität zu den billigen Teilen des Schweins (und anderer Tiere). Mit seinem St. Johns in London war er einer der Begründer des Nose-to-Tail-Chics in der gehobenen Küche. Das folgende Rezept stammt aus seinem ersten Buch und ähnelt einem etwas entrümpelten, vereinfachten Cassoulet.

Henderson setzt bei seinen Speckbohnen auf zwei verlässliche Komplizen des Eintopf-Kochs: Knoblauch und Schweinsfüße. Der Knoblauch wird als komplette Knolle im Bohnentopf versenkt und gibt dem Sud seine Süße. Die Schweinsfüße sorgen für eine anständige Tiefe im Geschmack. Henderson nimmt zwei Füße, ich habe bisher immer einen genommen und halbiert. Bei diesem Gericht geht es nicht um die feinen Töne, hier wird geschmacklich ordentlich zugelangt. Schon die Zubereitung ist olfaktorisch und haptisch ein Erlebnis. Der Koch trägt am besten eine Schürze.

Tobias Müller

Wer nicht zu spät essen möchte, beginnt am frühen Nachmittag, es dauert meist doch länger, als man so denkt, vier Stunden sind das Minimum. Interessanterweise wird dieser Eintopf nicht besser, wenn man ihn stehen lässt, er schmeckt frisch am besten. Am nächsten Tag wird der Sud etwas mehlig, der Geschmack flacht ab. Ich weiß nicht genau, woran das liegt, denkbar wäre, dass die Bohnen zu viel Stärke lassen.

Die Bohnen werden am besten bereits am Vorabend in Wasser eingeweicht, einige Stunden vor Kochbeginn reicht auch. Henderson nimmt weiße Bohnen. Ich habe bisher immer zur Käferbohne gegriffen, weil die Bäuerin meines Vertrauens (und auch mein Supermarkt) keine anderen verkauft. Um vier Personen sehr satt zu bekommen, reichen ein halbes Kilo trockene Bohnen und ein gutes Kilo Speck – im Zweifelsfall lieber mehr von Letzterem nehmen.

Tobias Müller

Den Schweinsfuß-Fond aufsetzen: Einen halben Schweinsfuß, zwei halbierte geschälte Zwiebeln, zwei Karotten und, falls vorhanden, eine Stange Sellerie mit kaltem Wasser bedecken, Thymian, Petersil, Rosmarin, Lorbeerblatt, Pfefferkörner und eine Knoblauch-Knolle (ja, eine Knolle, keine Zehe) dazu, langsam erwärmen und zwei Stunden sieden lassen.

Durch ein Sieb abgießen. (Ich habe diesmal nicht abgeschöpft, weil diese kundige Dame kurz nach meinem Fond-Blog das Abschöpfen ins Reich der Mythen verbannt hat. Der Fond ist gut geworden, der Test mit Kalbsfond steht aber noch aus.)

Tobias Müller

Währenddessen die gewässerten Bohnen mit kaltem, ungesalzenem Wasser bedecken, zum Kochen bringen und etwa eineinhalb Stunden kochen lassen. In ihrem Sud stehen lassen und den Sud keinesfalls wegkippen, er wird noch gebraucht.

Einen Esslöffel Gänsefett schmelzen (wenn noch welches, etwa vom Konfit, übrig ist), ansonsten Butter oder notfalls Pflanzenöl nehmen. Die Speckstreifen darin anbraten. Immer nur so viele in die Pfanne legen, wie sich gut darin ausgehen. Zwei Zwiebeln und zwei Stangen Lauch schneiden und im Fett andünsten. Wer keinen Lauch hat, nimmt eine Zwiebel mehr.

Tobias Müller

Eine Dose Tomaten (ich bitte um Markentipps) darüberkippen und die Tomaten, während sie aus der Dose fallen, mit der Hand zerdrücken. Das macht mehr Spaß als mit dem Löffel oder der Flotten Lotte. Die Dose mit etwas Wasser ausspülen, zu den Zwiebeln gießen und die Sauce 20 Minuten einkochen. Zwei Schöpfer Fond dazugießen und nochmals zehn Minuten kochen lassen.

Tobias Müller

Die Bohnen mit der Tomatensauce vermischen und die Hälfte in einen Schmortopf kippen. Speckstreifen, die zweite Schweinsfußhälfte, die Fond-Hälfte und zwei Knoblauch-Knollen darauf verteilen. Henderson nimmt ganze, ungeschälte, weil dann aber teilweise die Knoblauch-Schale im Eintopf schwimmt, zerlege ich die Knollen und packe sie in Teesackerln, die sich nachher leicht entfernen lassen.

Mit dem Rest der Bohnen bedecken und den Fuß-Fond dazuleeren, so dass die Bohnen gerade mit Flüssigkeit bedeckt sind. Reicht der Fond nicht, kommt noch das Bohnenkochwasser dazu. Bei 170 Grad eineinhalb Stunden zugedeckt backen, dann den Deckel entfernen und weiter backen, bis sich oben eine Kruste bildet (etwa 30 bis 45 Minuten).

Tobias Müller

Nun ist es fast unmöglich, Speckbohnen im Teller attraktiv anzurichten, man sollte es daher erst gar nicht versuchen.

Tobias Müller

Viel besser und eindrucksvoller ist es, den ganzen heißen Topf auf den Tisch zu stellen, durchzurühren und auszuteilen. Wer heikle Gäste hat, entfernt den Schweinsfuß in der Küche. Der Knoblauch kann, muss aber nicht mitgegessen werden.

Tobias Müller
Tobias Müller

Im Geheimen gehen die Schweinsbauch-Wochen weiter, hier wird erst später darüber zu lesen sein. Der nächste wird konfiert, berichtet wird erst, wenn er gegessen wird.

Sauerkraut-Update: Wenn Sie das hier lesen, habe ich das Kraut vielleicht schon gekostet. Als ich das hier geschrieben habe, noch nicht. Am Freitag wäre es so weit gewesen, ich bin aber noch nicht dazu gekommen. Im Topf hat sich in der vergangenen Woche nichts verändert, ich habe weiter täglich geschöpft. (derStandard.at, 29.1.2012)