Athen/Washington - In Athen wird intensiv nach Wegen zur Rettung Griechenlands vor der Pleite gesucht. Bankiers und Finanzexperten treffen sich mit der Regierung auf der Suche nach einem Schuldenschnitt. Noch steigt aber kein "weißer Rauch" auf, Griechenland und seine privaten Geldgeber ringen weiter um einen Kompromiss. Der Chef des Internationalen Bankenverbandes (IIF), Charles Dallara, traf am Donnerstagabend mit Regierungschef Lukas Papademos und Finanzminister Evangelos Venizelos zusammen. Dabei habe es "einige Fortschritte" gegeben, sagte ein Sprecher des Bankenverbandes am späten Abend.

Die Gespräche sollen den Angaben zufolge am Freitag fortgesetzt werden. Man sei optimistisch, dass die Verhandlungen bis zum Wochenende oder spätestens Anfang kommender Woche abgeschlossen werden können, hieß es aus dem griechischen Finanzministerium.

Treffen am Montag

Wie die "Financial Times Deutschland" ("FTD") berichtete, wollen sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone möglicherweise am Montagabend treffen, um über die Umschuldung Griechenlands und das nächste Hilfsprogramm zu beraten.

In der Umgebung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hieß es laut der Zeitung, ein solches Treffen unmittelbar nach dem regulären EU-Gipfel am Montagnachmittag sei nicht ausgeschlossen. Die Beratungen darüber dauerten an. Deutschland und Frankreich seien zurückhaltend, weil sie daran festhalten wollten, dass sich der EU-Gipfel auf das Thema Wachstum konzentriert. Offiziell argumentiere die deutsche Bundesregierung damit, dass der Bericht der "Troika" zu Griechenland noch nicht vorliegt.

Der angestrebte freiwillige Forderungsverzicht der privaten Gläubiger soll Griechenlands Schulden um rund 100 Mrd. Euro drücken. Streitpunkt sind aber nach wie vor die Zinsen für neue, langfristige Anleihen. Die Banken und andere Gläubiger wollen bisher nicht weniger als vier Prozent im Durchschnitt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und wichtige EU-Staaten verlangen für die neuen Anleihen dagegen einen Zinssatz von maximal 3,5 Prozent, weil sonst die Last für Griechenland immer noch zu groß sei.

Dallara und die Banken, die er vertritt, sollen aber nun einen leicht besseren Vorschlag zu den Zinsen der neuen Anleihen machen, die die alten griechischen Staatsanleihen ersetzen sollen. Nach Informationen aus griechischen Bankquellen soll Dallara einen Zinssatz von 3,8 Prozent vorschlagen.

Britisches Recht

Zudem wollen die Banken sicher sein, dass für die neuen Anleihen britisches Recht gilt. Damit wollen sich die Banken absichern, dass Griechenland in Zukunft nicht mehr mit einer Zwangsumschuldung drohen kann. Athen hatte bereits vergangene Woche damit gedroht, die Banken gesetzlich zum Schuldenschnitt zu zwingen, sollten nicht alle freiwillig daran teilnehmen.

Selbst wenn eine Absichtserklärung über einen Schuldenschnitt zustande kommt, bedeutet das aber noch keinen endgültigen Erfolg für die dringend benötigte Umschuldung. Denn es steht noch nicht fest, wie viele Investoren sich tatsächlich daran beteiligen. Vor diesem Hintergrund könnte die Europäische Zentralbank (EZB) ins Spiel kommen, die riesige Mengen griechischer Anleihen gekauft hat und damit ihrerseits einer der größten Gläubiger des Landes ist.

Derweil bestritt der IWF, dass er von der EZB einen Beitrag zum Schuldenschnitt verlangt habe. Die EZB sei nicht gebeten worden, "eine spezifische Rolle" dabei zu spielen, die griechischen Schulden auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, teilte der IWF in Washington mit. Die "Financial Times" hatte am Mittwoch berichtet, der IWF habe die EZB gedrängt, sich am Schuldenschnitt Athens zu beteiligen.

Der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, schloss nicht aus, dass neben den privaten Gläubigern auch die EZB und die Eurostaaten Griechenland Schulden erlassen müssten. Solche Lösungsvorschläge halte er "nicht für völlig absurd", sagte Juncker dem "Handelsblatt" (Freitag-Ausgabe). "Es wäre aber absurd, sie jetzt öffentlich zu kommentieren."

Parallel zu den zähen Schuldenschnitt-Verhandlungen läuft auch eine neue gründliche Kontrolle der griechischen Finanzen: Experten der EU, des IWF und der EZB stellten nach den ersten Inspektionen erneut Verspätungen bei den Reformen fest. Sie fordern weitere harte Sparmaßnahmen und eine beschleunigte Verschlankung des griechischen Staates. (APA)