Wien - Das Budgetdefizit ist im Vorjahr etwas geringer ausgefallen als ursprünglich angenommen. Gemäß den am Freitag vom Finanzministerium vorgelegten Zahlen lag das gesamtstaatliche Defizit bei 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Budgetiert hatte die Regierung 3,9 Prozent. Auch der Schuldenstand der Republik ist mit 72,2 Prozent etwas niedriger zum Liegen gekommen als erwartet (73,6 Prozent). Verantwortlich dafür: Die Regierung hat in Summe um 2,3 Mrd. Euro weniger ausgegeben und um 910 Mio. Euro mehr eingenommen als geplant.

Gute Konjunktur

Hauptverantwortlich für die etwas günstigere Entwicklung sind offenbar zwei Faktoren: Trotz des mittlerweile erfolgten "Downgrading" durch Standard & Poor's profitierte Österreich im Vorjahr von niedrigen Kreditzinsen (allein im Finanzkapitel gab es damit Minderausgaben von 930 Mio. Euro). Außerdem spülte die im Vorjahr noch gut laufende Konjunktur unerwartet hohe Steuereinnahmen ins Budget (von den 878 Mio. Euro an überplanmäßigen Steuereinnahmen ging etwa die Hälfte an die Länder).

Dabei handelt es sich allerdings um ein vorläufiges Ergebnis. Änderungen sind bis zum endgültigen Rechnungsabschluss noch möglich.

Im Finanzministerium zeigt man sich mit den Zahlen zufrieden, zumal das EU-Statistikamt Eurostat im Vorjahr beschlossen hat, ÖBB-Infrastrukturzuschüsse von 1,5 Mrd. Euro ab sofort in das Defizit einzuberechnet. Selbst unter diesen "ungünstigen Umständen" sei das Defizit 2011 deutlich unter dem Bundesvoranschlag gelegen, sagte Ministeriums-Sprecher Harald Waiglein gegenüber der APA: "Im Rahmen der vorsichtigen Budgetierung haben wir genau das Ziel erreicht, das wir erreichen wollten."

8,28 Milliarden Euro Maastricht-Defizit

Insgesamt hat die Bundesregierung im Vorjahr 67,82 Mrd. Euro ausgegeben und 63,45 Mrd. Euro eingenommen. Das nach EU-Kriterien berechnete Defizit des Bundes liegt allerdings deutlich höher als es diese Zahlen nahelegen würden. Dafür müssen nämlich u.a. auch die eingangs erwähnten Zuschüsse zur ÖBB-Infrastruktur (1,5 Mrd. Euro) und Abschreibungen im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria (630 Mio. Euro) berücksichtigt werden. In Summe machte das Maastricht-Defizit des Bundes somit 8,28 Mrd. Euro (2,74 Prozent des BIP) aus.

Für die gesamtstaatliche Budgetbilanz werden zum Maastricht-Defizit des Bundes noch die Abgänge von Ländern und Gemeinden (0,7 statt 0,75 Prozent des BIP) sowie die etwas besser als geplant ausgefallene Bilanz der Sozialversicherungen, die im Vorjahr statt einem Nulldefizit einen Überschuss von 0,1 Prozent des BIP erreicht haben, dazugerechnet. In Summe ergibt das einen Abgang von 3,3 Prozent (statt der ursprünglich budgetierten 3,9 Prozent). Insbesondere bei den Länder-Defiziten handelt es sich jedoch noch um vorläufige Zahlen.

Risikofakter Kommunalkredit

Einen Risikofaktor beim mit 72,2 Prozent des BIP leicht unter Plan liegenden Schuldenstand gibt es allerdings noch: Eurostat prüft derzeit nämlich, ob der Schuldenstand der "Bad Bank" der verstaatlichten Kommunalkredit (KA Finanz) der Staatsschuld angerechnet werden muss. Das hätte einen deutlichen Anstieg des Schuldenstandes um etwa 15 Mrd. Euro bzw. 5 Prozent des BIP zur Folge. Im Finanzministerium heißt es dazu allerdings, dass Eurostat die bei der KA Finanz gewählte (nicht schuldenwirksame, Anm.) Konstruktion bisher akzeptiert habe und dass es derzeit keine Anzeichen für eine Änderung gebe.

Schieder sieht Regierung auf "gutem Kurs"

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) sieht die Regierung angesichts der Budgetzahlen für 2011 "auf einem guten Kurs, der sich an sich ein Triple-A verdient". Einen Grund, die Sparanstrengungen zurückzunehmen, sieht Schieder darin aber nicht: "Wir müssen den Weg konsequent weiter gehen, 2017 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, so wie es die Schuldenbremse vorsieht", betonte Schieder. Grundsätzlich sieht er den vorläufigen Abschluss 2011 aber positiv: Es handle sich dabei um "die in Budgetzahlen realisierte Wachstumsdividende". Das bedeute freilich nicht, dass der Pfad einfacher werde. Mittelfristig müsse man aber natürlich auch Strukturen ändern.

Gezeigt hat das Jahr 2011 für Schieder aber auch, dass die damals beschlossenen neuen Steuern wirken, ohne die Konjunktur abzuwürgen. "Das zeigt, dass man an mehreren Schrauben drehen kann: Ausgaben, Einnahmen und Wachstum." Auch für das aktuelle Sparpaket wünscht sich Schieder daher entsprechend der Parteilinie "wachstumsschonende Einnahmen" - etwa durch eine Umwidmungsabgabe oder eine neue Erbschaftssteuer. Dass Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung neue Steuern generell als wachstumsschädlich ablehnen, geschehe wohl eher "aus Sicht der eigenen Brieftasche" als aus Sicht der Unternehmen, kritisiert der SP-Politiker.

Dass es 2012 höhere Zinsen und damit eine schwierigere Budgetlage geben könnte, glaubt Schieder nicht: Er verweist darauf, dass die Bundesfinanzierungsagentur bereits ein Drittel der heuer benötigten Kredite aufgenommen hat: "Es laufen Bemühungen, dieses relativ niedrige Zinsniveau zu halten." (APA)