Wien - Im Fall der im Wiener AKH von Ärzten der Universitäts-Frauenklinik abgewiesenen Schwangeren, die später ihr Kind verlor, handelte es sich um eine medizinische "Fehleinschätzung": In einem Interview mit ORF-Radio Wien erklärte AKH-Chef und Ärztlicher Direktor Reinhard Krepler am Freitag, die Patientin sei durch die diensthabende Fachärztin "nicht wahrgenommen worden als Patientin, die die Hilfe der Ambulanz sucht wegen einer Blutung." Die Patientin hätte behandelt werden müssen. Man untersuche den Fall genau und habe bereits erste Konsequenzen gezogen. "Es war wahrscheinlich ein Kommunikationsmangel", fügte Krepler gegenüber der APA hinzu.

Die Frau, sie war schließlich im Krankenhaus Rudolfstiftung gelandet, wäre, so Krepler, zunächst im Krankenhaus "Göttlicher Heiland" in Wien-Hernals "gut und richtig" behandelt worden (12. Jänner) und für den nächsten Tag wiederbestellt worden. Die Frau habe aber dann die Ambulanz im AKH besucht. Dort sei es zu einer "Fehleinschätzung" gekommen. "Sie ist wahrgenommen worden als eine Patientin, die sich für die normale Geburt in einigen Monaten anmelden wollte. Sie ist nicht wahrgenommen worden als Patientin, die Hilfe der Ambulanz sucht wegen einer Blutung", erklärte der AKH-Chef. Die Fachärztin, welche die Patientin gesehen habe, sei eine besonders genaue, nette und einfühlsame Medizinerin.

"Uns tut das sehr leid"

Erst später habe sich der wahre Sachverhalt herausgestellt. Es sei damit klar, "dass die Patientin bei uns in der Ambulanz mit Ultraschall untersucht hätte werden müssen." Klinikchef Husslein und einer seiner Oberärzte hatten jede Verantwortung zurück gewiesen. Krepler als AKH-Chef hingegen: "Uns tut das sehr leid. Ich habe mich persönlich noch vor Erscheinen des ersten Zeitungsartikels bei der Patientin entschuldigt."

Ein laut dem Interview offenbar belegter Mangel in der Affäre, so der Leiter der Teilunternehmung AKH im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV): "Es gibt für Patientengespräche ein Formblatt, das auch vorsieht, dass das Patientengespräch dokumentiert ist. Das hat nicht stattgefunden." An sich wird an der Universitäts-Frauenklinik die Arbeit nach Leitlinien und Checklisten seit Jahren propagiert.

Laut Krepler muss der Vorfall jetzt einwandfrei geklärt werden. Dann würden von Husslein und MedUni-Rektor Wolfgang Schütz entsprechende Maßnahmen setzen. Mittlerweile wurden von der Leitung des AKH die Abläufe in der Ambulanz adaptiert. Der AKH-Chef. "Es ist ausgeschlossen, dass sich ein solcher Fall wiederholt." Krepler betonte aber, dass in dem Fall kein Zusammenhang mit Diskussionen rund um die Finanzierung von Ärzten etc. an der Universitätsklinik bestehen könne: "Wir haben genug Ärzte und Schwestern in den Ambulanzen." Es gebe alle notwendigen Kapazitäten.

Ergebnisse in drei Monaten

Mittlerweile untersucht die MA40 (Sozial- und Gesundheitsrecht) den Fall. Die eingehende Prüfung im Detail wird allerdings sicher einige Zeit dauern. Mit dem Fall beschäftigt sich mittlerweile auch die Wiener Patientenanwaltschaft. Man werde die Spitäler um Stellungnahmen bitten und dann einen "Vertrauensarzt" zur Beurteilung derer zurate ziehen, sagte Patientenanwalt Konrad Brustbauer am Freitag. Sollte ein Fehler in der Vorgehensweise passiert sein, werde man die Versicherung einschalten, um für die Patientin Schadenersatz einzufordern. Ergebnisse erwartet er in spätestens drei Monaten. Man werde der Patientin "mit Rat und Tat zur Seite stehen".

Medizinisch gehören Schwangerschaftsprobleme, wie sie die Frau entwickelte, zur Routine in der Geburtshilfe. Insgesamt enden 50 Prozent der natürlichen Schwangerschaften nicht mit einer Geburt. In den meisten Fällen bemerken die Frauen nicht, dass sie schwanger waren, weil der Abortus so früh erfolgt. Das sei bei rund 30 Prozent gegeben. "Bei Frauen, die bereits wissen, dass sie schwanger sind, liegt das Risiko bis zur zwölften oder 13. Woche bei etwa 15 Prozent, sagte am Freitag der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Christian Marth (MedUni Innsbruck), gegenüber der APA. Der Grund für den Abortus liege zumeist in Defekten beim Ungeborenen begründet. Blutungen sollten jedenfalls ärztlich begutachtet werden. Bei solchen Zwischenfällen in den ersten Monaten der Schwangerschaft gebe es aber eigentlich keine therapeutischen Möglichkeiten. (APA)