Eisenstadt - Am 2. November 2011 ist der 32-jährige Nordburgenländer Hannes F. mit vier deklarierten Gewehren und 200 Schuss Munition im Gepäck in Ägypten eingereist. Der Zoll in Kairo sah sich seinen Koffer an, seither sitzt er in ägyptischen Hauptstadt Untersuchungshaft. Ihm und einem deutschen Kollegen wird Waffenschmuggel vorgeworfen, auch zwei Ägypter sind angeklagt. Die Frau des 32-Jährigen, Lisa F., erzählte nun im Gespräch mit der APA, wie es zu der Festnahme kam, was der eigentliche Plan ihres Mannes war und wie es ihr mit der Situation - Tausende Kilometer von Hannes entfernt - geht.

Hannes F. wuchs im Burgenland auf, ging zum Bundesheer und blieb dort einige Jahre, war unter anderem im Kosovo und in Afghanistan im Einsatz. Danach wollte er sich bei der Polizei versuchen, musste die Karriere allerdings aufgrund eines Knalltraumas beenden, schilderte sie. Er war immer im Sicherheitsbereich tätig. Vergangenes Jahr wollte er sich selbstständig machen. Der erste Auftrag kam Mitte Oktober von einer Sicherheitsfirma. Es ging um einen bewaffneten Schiffstransport.

Vier Waffen im Gepäck

"Die italienische Sicherheitsfirma hat drei Leute zur Verfügung gestellt, von Hannes hätte auch einer kommen sollen - der Kollege aus Deutschland", so Lisa F. Weil es der erste große Auftrag war und er "schauen wollte, ob alles funktioniert und seine Arbeit ordentlich machen wollte", beschloss der 32-Jährige, seinen Kollegen, einen Sub-Contractor mit einer eigenen Sicherheitsfirma, zu begleiten. Die vier Waffen, Weltkriegskarabiner bzw. Repetiergewehre und 200 Schuss Munition wurden beim Abflug deklariert, die Fluglinie habe dies später schriftlich bestätigt. Der zuvor von der Polizei überprüfte Koffer wurde eingecheckt und flog mit nach Kairo.

"Er ist aus dem Flieger ausgestiegen und hat beim Gepäckband auf seinen Koffer gewartet. Und in dem Moment, als er den Koffer nimmt, ist schon der Zoll vor ihm gestanden", schilderte Lisa F. die Situation. Dann habe man ihren Mann und den deutschen Kollegen mitgenommen und die beiden 30 Stunden lang verhört. "Es hat dann immer geheißen: Eine Stunde noch und dann kannst du gehen, es passt eh alles. Und irgendwann hat er dann Handschellen draufgehabt", so die Frau des Untersuchungshäftlings.

Während des Verhörs wurden Hannes F. schließlich Handy und I-Pad weggenommen, die letzte SMS kam am Ankunftstag, am Mittwoch. Einen Tag später konnte sie via Handy seines Kollegen Kontakt halten, danach war Schluss. Zwischendurch informierte Lisa F. die Botschaft, "und ich habe geschaut, dass ich Anwälte bekomme, die zumindest vor Ort abklären, was da los ist. Aber es war dann sehr schnell klar, dass ein Anwalt hier (in Österreich, Anm.) nichts machen kann."

Donnerstag oder Freitag habe es dann in Kairo eine achtstündige Anhörung bei der Staatsanwaltschaft mit einem ägyptischen Verteidiger gegeben. "Ich bin dann am Sonntag nach Kairo geflogen." Bis sie wusste, wo genau sich ihr Mann befindet, vergingen vier Tage. Sie habe absichtlich falsche Informationen erhalten, klapperte sämtliche Gefängnisse bzw. Polizeistationen ab, erzählte sie. Hannes F. sei jeden Tag an einem anderen Ort gewesen. "Die ersten Tage sind sie von einem Ort zum anderen gebracht worden. Jedes Mal, wenn es geheißen hat, die Botschaft ist am Weg, sind sie wo anders hingebracht worden."

Seit drei Monaten sitzt der 32-Jährige mit seinem Kollegen nun mit 66 weiteren Personen in einer Zelle in einem Gefängnis am Stadtrand von Kairo. "Hannes hat es noch gut erwischt", erklärte sie überzeugt. Denn einen Stock tiefer würden sich gar 250 Menschen eine Zelle teilen. In Briefen an seine Frau schilderte er, dass es zum Essen einen Kübel Reis und einen Kübel "braun-graue Soße" gebe. Darin würden Steine und Zigarettenstummel schwimmen. Für die 250 Häftlinge unter ihnen würde es exakt die selbe Menge geben, erzählte F.

Auch die körperliche Hygiene bleibe für viele Personen in der Zelle auf der Strecke. "Das Wasser fürs Duschen reicht circa eine halbe Stunde. Das ist halt ein Glücksspiel."

Psychisch dürfte es dem Nordburgenländer mittlerweile wieder besser gehen, glaubt seine Frau. "Körperlich war es zwischendurch ganz arg. Er hat ja mittlerweile 14 Kilo abgenommen." Schmerzen im Bereich der Niere seien anfangs ignoriert worden, keiner hätte sich darum gekümmert. In einem Brief berichtete der 32-Jährige seiner Frau von solchen Schmerzen, "dass er schon die Tränen in den Augen stehen hat".

"Das war der Grund, warum ich dann über Facebook geschaut habe, dass das öffentlich wird, damit was passiert." Mit dem öffentlichen Druck als Unterstützung wurde dann der Vertrauensarzt der Botschaft kontaktiert, der ihn untersucht hat. Seitens der Gefängnisärztin wären nur die notwendigsten Untersuchungen durchgeführt worden. Eine Blutabnahme verweigerte Hannes F. aus Angst vor Krankheiten wie Hepatitis C oder einer HIV-Ansteckung, denn "das Besteck ist total verdreckt". Der Vertrauensarzt vermutete Nierensteine.

Nun wartet der 32-Jährige auf den 27. Februar. An diesem Tag soll ihm in Kairo vor dem Staatssicherheitsgericht der Prozess gemacht werden. Gerüchten zufolge drohen dem Nordburgenländer bis zu 45 Jahre Gefängnis, auch von drei Jahren Arbeitslager war bereits die Rede, teilte seine Frau mit. Der Prozess, zumindest gehen die Anwälte aus Erfahrung davon aus, könne sechs, sieben Monate dauern. Dass er nach der ersten Hauptverhandlung rauskommt, schließen die Verteidiger aus - auch auf Kaution nicht.

Für die Ehefrau des Untersuchungshäftlings heißt es bis zum Prozessbeginn warten, hoffen, beten und einen möglichst erschwinglichen Anwalt aufzutreiben. Der erste Verteidiger hätte zwar nur 5.000 Euro verlangt, war aber drei Wochen weder für sie noch die Botschaft oder das Außenministerium erreichbar. Die nun empfohlene Kanzlei will 125.000 Euro - Geld, dass die Frau und Mutter einer siebenjährigen Tochter nicht hat. Die Botschaft versucht nun, einen neuen Anwalt zu finden.

In der Zwischenzeit verschickt Lisa F. "Haftpakete" an ihren Mann und versucht ihn, damit ein bisschen aufzuheitern. Das nächste geht am Montag Richtung Kairo. Darin enthalten: Bücher, Cabanossi, Wärmflasche, Vollkornbrot, Süßigkeiten und Schokolade sowie ein I-Pod, Spiele, Fotos und selbstgemalte Bilder seiner dreieinhalbjährigen Tochter. Bei einem der letzten Pakete legte sie auch etwas zum Schmunzeln dazu: "Ich habe ihm Panzerknacker-Comics geschickt. Wir haben beide einen sarkastischen Humor. Er weiß ganz genau, wie ich das meine."

Seine leibliche Tochter denkt derzeit, dass ihr Papa arbeiten ist. Seine Stieftochter dachte das zunächst auch, musste aber in der Schule erfahren, was wirklich los ist. "Ich versuche jetzt, ihr alles kindgerecht zu erklären", so Lisa F.

Wann die beiden Kinder ihren Vater bzw. Stiefvater wieder in die Arme schließen können, ist unklar. Ob Lisa F. ihren Mann am 27. Februar an Ort und Stelle beistehen wird, ebenfalls. Durch die Distanz sei alles etwas erträglicher. (APA)