Die vielen Gesichter des Franz Schubert - und was wir sonst noch alles auf den Komponisten projizieren.

Foto: Schauspielhaus

Wien - Serien sind nicht nur im Fernsehen das Format der Stunde. Auch das Theater zerstückelt seine Dramen mittlerweile gern in kleine Teile. Österreichweit federführend in Sachen Theaterserie ist das Wiener Schauspielhaus, an dem Intendant Andreas Beck nach den Protagonisten Doderer, Freud und Kreisky aktuell bei Franz Schubert angekommen ist.

Das Serienprogramm ist kein rein modischer Entschluss aus konsumorientierten Dramaturgenbüros. Eher ist es so, dass Serien in ihrer Strukturiertheit hervorragend in das postdramatische Zeitalter passen: Sie brechen per naturam den narrativen Fluss auf, sie ermöglichen thematische Bündelungen, sie reorganisieren sich formal.

Im Fall von Schubert. Eine Winterwanderung in 5 Folgen con da capo ist dies alles noch mit einer räumlichen Variation verbunden. Das heißt, die einzelnen Serienteile finden nicht im Theater, sondern jeweils an unterschiedlichen, mit dem Leben des Komponisten in Verbindung stehenden historischen Orten statt.

In Teil 2 nun folgt das Publikum einem Mann mit Laterne vom Schauspielhaus in der Porzellangasse im Zickzackkurs über sämtliche Schutzwege des Servitenviertels in das BRG Glasergasse. Vorbei an alten Zinshäusern, deren Standort, so der Reiseleiter, zu Schuberts Zeiten noch Sumpfgebiet war.

In einem Klassenzimmer im Erdgeschoß des Gymnasiums imaginiert die Inszenierung von Gernot Grünewald die Jahre ab 1808, die Schul- und Lehrjahre des schon früh im Verdacht des Genies stehenden Schubert. Und das gelingt auf eine, die Schnelligkeit des Serienformats gewinnbringend in Kauf nehmende Weise:

Spielort Klassenzimmer

Zunächst besinnt sich Grünewald auf den Spielort des Klassenzimmers und nützt die von der Bildungspolitik wohlweislich vorinstallierten theatertauglichen Elemente eines solchen Raumes (allein das ist schon ein kräftiger Kommentar zu Schuberts Karriere): eine Schultafel für original handschriftliche Mitteilungen, ein Overhead-Projektor mit allerlei Folien (um Dokumente zu projizieren), ein Katheder als Reliquie der Autorität, der der kleine Schubert bei der Aufnahmeprüfung als Hofsängerknabe am k. u. k. Stadtkonvikt ausgeliefert ist.

"Steh er auf und zeige er sein Kinn!" schmettert es einem jungen Buben mit Schubert-Maske (Ben Conor) entgegen. Er singt das Heideröslein.

Das Rudimentäre einer solchen biografischen Serie drückt sich hier in einem schnellen, sprunghaften Spiel aus, in dem sich die Schauspieler Schubert-Konterfeis aller Altersstufen abwechselnd vor das Gesicht spannen. Und das war nur eine von vielen guten Ideen, die das Schauspiel sehr erfrischend erweitert haben. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD - Printausgabe, 28./29. Jänner 2012)