Auf die Erregung um die Diplomatenpässe folgte jene um die Sitzfleischorden, mit denen sich Regierungsmitglieder in die Ballsaison entließen und dabei auch die Opposition nicht vergaßen. Als führend erregt erwies sich "Österreich" und sein Chef. Dem ging es nicht nur, aber vor allem um das mit dem Ordensregen verbundene Ansehen des FPÖ-Obmannes. Wirbel um Strache-Orden, titelte das Blatt, wobei der einzige Wirbel, der in diesem Zusammenhang auftrat, in einer kleinen kognitiven Dissonanz zwischen Strache und seinem Generalsekretär Vilimsky bestand, von der man nicht genau weiß, ob man sie als Zeichen einer menschlichen Entfremdung deuten soll.

Vilimsky fand nämlich: "Das ist in höchstem Maß deplatziert und unanständig", und dekretierte in völliger, aber ehrenhafter Unterschätzung der Nehmerqualitäten seines Führers: "Ich gehe davon aus, dass er den Orden ablehnt." Damit hatte er die Ausstrahlung des Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern auf Borderline-Persönlichkeiten deutlich zu gering eingestuft, denn der frischgebackene Ordensträger wischte den leichten Anschein eines Genierers als ideologische Schwäche seines Generalsekretärs einfach vom Tisch. Anders als die Regierungsmitglieder habe er selbst den Orden verdient und denkt gar nicht daran, ihn abzulehnen. "Ich bin seit 15 Jahren in der Spitzenpolitik tätig und habe aktiv und offensiv für Österreich gearbeitet und etwas geleistet. Im Gegensatz zu den Regierungsmitgliedern habe ich mich nicht untätig hinter meinem Schreibtisch verschanzt", so Strache. "Ich denke, den Orden verdient zu haben, und nehme ihn an." Illustriert wurde dieses Bekenntnis mit einem Foto des Verdienten samt Blondine: Strache freut sich mit seiner Freundin Andrea auf das Ehrenzeichen.

Ein Generalsekretär, der seinem aktiv und offensiv für Österreich arbeitenden Obmann nach 15 Jahren in der Spitzenpolitik die Freude mit seiner Freundin Andrea auf das Ehrenzeichen nicht gönnen will, ist reif zur Ablöse. Zu weit gehen da die Ansichten darüber, was in höchstem Maße deplatziert und unanständig ist, auseinander, als dass zwei Männer, denen Anstand noch etwas bedeutet, beisammenbleiben könnten, wenn der eine nicht einmal den Unterschied zwischen einem in harten Disco-Nächten verdienten Orden für seinen Chef und der richtigen Unverschämtheit von Orden für Regierungsmitglieder zu erkennen vermag.

In Angst, etwas von Vilimskys Bedenken könnte bei den Lesern von "Österreich" hängengeblieben sein, ließ Wolfgang Fellner Strache in der nächsten Ausgabe als Thema des Tages noch einmal zu Wort kommen, wobei er wörtlich wiederholte, was seine 15 Jahre in der Spitzenpolitik betraf, angereichert um den Schmerz eines verkannten Leistungsträgers: Wegen meiner mehrjährigen Wiener Landtagstätigkeit wäre mir dieser Orden schon vor sechs Jahren zugestanden. Zum Beweis lieferte das Blatt einen Strache in Frack mit Orden, diesmal als Bildmontage, während die mit Freundin Andrea geteilte Freude auf das Ehrenzeichen vom Vortag ein aktueller Schnappschuss gewesen sein muss.

Fellner konnte seine wohlmeinende Sorge um den Ruf des FPÖ-Obmannes nicht unterdrücken. HC Strache kann man nur empfehlen, auf seine Opernball-Plätsche zu verzichten. Dieser Orden schadet seinem Image extrem. Und nicht nur bei Vilimsky. Beim Ball der Burschenschafter mit ihrer deutschnationalen Schlagseite kann man mit einem österreichischen Ehrenzeichen nicht so gut punkten. Aber da hatte Strache schon vorgebaut. "Ich habe den Orden verdient, werde diesen aber nicht öffentlich zur Schau stellen", teilte er mit. Würde er diese Haltung über den Orden hinaus auf seine ganze Persönlichkeit ausdehnen, könnte man ihm ruhig seinen Diplomatenpass belassen.

Politikern ergreifende Bekenntnisse abzuluchsen, kann nicht nur "Österreich". Dem "Kurier" gelang das Mittwoch bei einer Wiener Stadträtin. Thema war die Schlacht um den Tierschutz in der Bundeshauptstadt, und Ulli Sima erhielt ihre große Chance. Sie kontert Vorwürfe, sie wolle sich mit dem neuen Tierschutzhaus PR-Berichte in der Kronen Zeitung sichern. Ein zutiefst schmutziger Gedanke, wie er einem Stadtrat gar nicht ferner liegen kann. Sie hat derart überzeugend gekontert, dass jeder Zusammenhang mit Maggie Entenfellner ins Reich von Entenhausen zu verweisen ist: Natürlich ist es immer schön, aus der Zeitung zu lächeln. Nur wenn es sein muss, auch aus dem "Kurier". (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 28./29.1.2012)