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VBW-Generaldirektor Thomas Drozda verabschiedete im Dezember Musical-Intendantin Kathrin Zechner, die zurück zum ORF ging. Dass Alfons Haider ihr Nachfolger werden würde, verneint er.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

STANDARD: 33 Personen haben sich um die Leitung der beiden Musical-Bühnen Ronacher und Raimundtheater beworben. Gerüchteweise ist der Intendant der Stockerauer Festspiele, Alfons Haider, fix.

Drozda: Es ist nix fix. Es war das erste Mal, dass sich die VBW zu einem solchen Ausschreibungsverfahren für eine Intendanz entschlossen haben - wiewohl wir es aus rechtlichen Gründen gar nicht müssten. Wir suchen jemanden, der qualifiziert ist. Prominenz ist für mich weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir hätten uns nicht für diesen Weg entschieden, wenn das Ergebnis schon ausgemacht wäre.

STANDARD: Das Problem ist: Sie sind auch als Generaldirektor nicht der oberste Chef. Die VBW gehören zur Wien Holding - und diese könnte mit der Vizebürgermeisterin etwas ausmachen. Und Sie müssen das dann einfach hinnehmen.

Drozda: Natürlich wird man eine derartige Entscheidung mit den Eigentümern besprechen. Aber bei den VBW bin ich der Chef. Das stelle ich ganz gelassen fest. Ich trage als persönlich haftender Geschäftsführer die Verantwortung, dass wir eine 70-prozentige Eigenleistung erbringen, dass wir 25 Millionen Euro pro Jahr erlösen. Ich gehe also davon aus, dass meiner Einschätzung eine gewisse Aufmerksamkeit geschenkt wird.

STANDARD: Kathrin Zechner, die zurück zum ORF ging, wurde bei ihrem Abschied mit Lob überhäuft. Ist sie nicht mit ihrem Konzept eines urbanen Musiktheaters gescheitert?

Drozda: Es war leider nicht finanzierbar. Mehrere Produktionen pro Jahr zu spielen verursacht erheblich höhere Kosten. Gleichzeitig gibt es aufgrund der Schließzeiten zwischen den Produktionen einen Einnahmenentgang. Wenn ich täglich 40.000 Euro einnehmen muss und am Wochenende 50.000 Euro pro Tag, dann verliere ich in zwei Wochen eine halbe Million. Daher mussten wir wieder auf Longrun-Produktionen in beiden Häusern umsteigen.

STANDARD: In beiden laufen seit Monaten Lizenzproduktionen von Stage. Ist Wien nur mehr Abspielstation bereits erprobter Musicals?

Drozda: Sie vergessen: Lizenzen sind keine Einbahnstraße. In Stuttgart läuft Rebecca, in Berlin Tanz der Vampire. Also: Wir haben zwei Produktionen von Stage Entertainment - und Stage hat zwei Produktionen von uns.

STANDARD: Es macht aber einen Unterschied, ob je eine Produktion in Berlin und Stuttgart läuft - oder ob zwei in Wien laufen.

Drozda: Das ist richtig, aber es wäre falsch, einen interessanten Stoff nicht zu bringen, nur weil er von einem bestimmten Lizenzgeber kommt. Dass wir in dem internationalen Lizenzvergabekonzert mitspielen: Das ist doch erfreulich! Und: Die Wiener Version von Sister Act ist von der Qualität viel besser als die Version in Hamburg.

STANDARD: "Sister Act" wurde und wird in mehreren Städten Europas gezeigt, auch in Mailand. Wenn ich Ihnen die Fotos von allen Produktionen vorlege: Sie könnten sie nicht voneinander unterscheiden.

Drozda: Das Kriterium ist ja nicht das Bühnenbild. Auch die Inszenierungen werden sich nicht fundamental unterscheiden. Aber es geht um das Musikalische. Und da ist unsere Produktion auf dem höchsten Niveau. Ich weiß nicht, ob wir auch mit der Mailänder Version auf 97 Prozent Auslastung kommen würden nach bereits 120 Vorstellungen. Und ich weiß nicht, ob wir uns mit der Mailänder Version über die erstklassigen Kartenvorbestellungen für das erste Quartal freuen könnten, das ja ein besonderes schwieriges ist, weil wir gegen Cats antreten.

STANDARD: Die Veranstalter von "Cats" bauen ein großes Zelt auf - und verdienen Geld.

Drozda: Aber diese Tourneeproduktion hat für den Tourismus in Wien keine Relevanz. Und es gibt praktisch keine Umwegrentabilität. Wir hingegen bringen in historischen Spielstätten, die natürlich ein geringeres Platzangebot haben, Produktionen in höchster Qualität heraus. Man kommt wegen uns nach Wien.

STANDARD: Dann sollten Sie die Subvention doch bitte aus dem Tourismustopf bekommen.

Drozda: Ich bin sofort dafür! Ich habe mehrfach vorgeschlagen: Finanziert die Oper im Theater an der Wien und das Orchester aus dem Kulturbudget - und das Musical über die Wirtschaftsförderung. Auch deshalb, weil 1,2 Millionen Menschen im Ausland Elisabeth gesehen haben. Und Elisabeth verbindet man mit Wien.

STANDARD: Stichwort Oper: Intendant Roland Geyer geht nun doch nicht nach Bregenz. Gut so?

Drozda: Sehr gut. Mein Vertrag läuft bis 2018. Ich werde mich dafür einsetzen, dass auch sein Vertrag bis 2018 verlängert wird.

STANDARD: 2010 war für Sie ein Jubeljahr. Wie war 2011?

Drozda: Gut, wir hatten eine Gesamtauslastung von 90,3 Prozent. Aber das Jubeln hab' ich mir abgewöhnt. Denn es ruft nur die Neider auf den Plan und führt zu weiteren Subventionskürzungen. Das will ich mir ersparen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD - Printausgabe, 28./29. Jänner 2012)