Die landeseigene Tiroler Hypo hat nicht nur in Italien Sorgen. Sie hat auch viel eigenes Geld in Wertpapiere der krisengeschüttelten PIIGS-Staaten gesteckt. Allein in Spanien sollen es rund 200 Mio. Euro sein.
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Wien - Jetzt ist die Hypo Tirol ein Fall für die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Nach einem Gespräch der Hypo-Banker mit der Staatsanwaltschaft Innsbruck hat selbige ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter eingeleitet - und die Sache an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien weitergeleitet. Das bestätigt der Sprecher der Innsbrucker Behörde, Hansjörg Mayr. Die geografischen Umwege, die daraus erwachsen, sind hausgemacht: Die WKStA ist für alle Wirtschaftsstrafsachen zuständig, deren Schaden fünf Mio. Euro übersteigt. Der Plan der Justiz, mehrere Standorte einzurichten, wurde unter Ministerin Claudia Bandion-Ortner verworfen.
In der Sache Hypo Tirol geht es um die Verluste, die vor allem aus dem Italiengeschäft erwartet werden. Der Vorstand unter Markus Jochum hat im Dezember einen Wertberichtigungsbedarf von 120 Mio. Euro angekündigt. Man sprach von "kriminellen Machenschaften"; der Ex-Vorstand weist die Vorwürfe zurück. Die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen, die die Bank beauftragt hat, lassen nun aber nichts Gutes ahnen. Die Prüfer haben bisher Kredite über rund 400 Mio. Euro (von insgesamt 1,3 Mrd.) analysiert. Und: Der Wertberichtigungsbedarf von 120 Mio. dürfte sich bewahrheiten, ist zu hören.
In der Hypo-Italien-Bilanz 2010 wurden bereits Forderungen von 227,5 Mio. Euro als "leistungsgestört" vermerkt; der Rest galt als "einwandfrei".
Vertragslose Zustände
Zudem lassen die Erkenntnisse der Prüfer eine recht spezielle Kreditvergabepraxis vermuten. Bloß ein paar Indizien: In vielen Fällen gibt es keine Kreditverträge; oft waren die Kredite endfällig (Zinsen und Kapital). Gab es sie, so waren die Verträge oft in Italienisch verfasst, was dort Probleme macht, wo die internen Revisoren gar nicht Italienisch können.
Das rasante Kreditwachstum war strukturbedingt: Man setzte Kreditvermittler ein, die 1,5 bis drei Prozent Provision kassierten - unabhängig davon, ob die Kredite zurückkamen. Dazu sollen kriminelle Machenschaften rund um Immo-Schätzgutachten kommen.
Probleme haben die Tiroler auch abseits von Italien, etwa in Bayern. Dort wird rund um ein Solarkraftwerksprojekt ein mutmaßlicher Betrugsfall verhandelt; es geht um rund 20 Mio. Euro. Und: Auch bei den Wertpapierveranlagungen (die Bank sitzt auf viel Liquidität) bangt man um Geld - speziell in Spanien. Dort hat die Hypo ihr Geld u. a. in Pfandbriefe und Jumbo-Pfandbriefe (sie haben mehr als eine Mrd. Euro Volumen) gesteckt und versucht nun, die Positionen abzubauen. Am Freitag betonten die Hypo-Banker, dass "die spanischen Wertpapiere in Summe eine untergeordnete Bedeutung" spielten ("6,5 Prozent des gesamten Eigenbestands"); ihre Bonität sei zudem gut, die Werthaltigkeit hoch.
Wie hoch der Eigenbestand ist, verrieten die Tiroler nicht. Aus Aufsichtsratskreisen ist zu hören, dass der Wertpapierbestand der Bank (Bilanzsumme: 11,2 Mrd. Euro) von fünf Milliarden auf 2,9 Mrd. Euro zurückgefahren wurde. Auf Spanien würden so an die 200 Mio. Euro entfallen. Alle Investments in Papiere der PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland, Spanien) seien reduziert worden, so der Aufseher.
Mit der Kapitalerhöhung (die Tiwag schießt dem Land 230 Mio. Euro Dividende vor, das Land steckt sie in die Bank) kommen die Banker einem herandräuenden Problem zuvor. "Vor dem Hintergrund der neuen Vorschriften würde unser PS-Kapital nicht mehr als Eigenkapital anerkannt", erklärt ein Banker. Die Hypo hat 2009 rund 60 Mio. Euro kapitalgarantierter Partizipationsscheine (fünf Prozent Zinsen) mit Putoptionen ausgegeben; die Konstruktion läuft via Hypo-Anteilsverwaltung. Gezeichnet haben - angeblich - Tiwag, Tiroler Landesversicherung, Private; sie werden nun ausgezahlt. Die jetzige Lösung sei "einfach und sauber", analysiert ein Involvierter. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28./29.1.2012)