Rom - Eine TV-Dokumentation über Korruption und Intrigen im Vatikan sorgt in Italien für Aufregung. Die Kirchenführung hat dem TV-Sender La 7 mit einer Verleumdungsklage gedroht - ein bisher einmaliger Vorgang. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sprach von "tendenziösem Journalismus".

Der als Autor des Bestsellers Vatikan GmbH bekannte Journalist Gianluigi Nuzzi zeigte in der Sendung ein vertrauliches Schreiben an Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone. Darin beschwert sich Erzbischof Carlo Maria Viganó über Fälle von Korruption, Misswirtschaft, Unterschlagung und Intrigen.

In die schwarzen Zahlen

Viganó war bis zu seiner Absetzung vor wenigen Monaten Direktor des päpstlichen Governatorats, das für die Finanz-und Haushaltspolitik des Kirchenstaats zuständig ist. Er führte den Haushalt des Vatikans aus den roten Zahlen zu einem Überschuss von 36 Millionen Euro. Nach unbestätigten Berichten hatte Viganó eine Ernennung zum Kardinal in Aussicht. Nach dem Brief wurde er zum päpstlichen Nuntius in Washington "befördert".

In seinem Schreiben beklagt sich der Erzbischof über Manipulation bei der Vergabe von Aufträgen, die "zu deutlich überhöhten Preisen immer an dieselben Firmen gehen", über Fälle von Vetternwirtschaft und vertuschte Diebstähle in Vatikan-Villen. Am Freitag publizierte die Tageszeitung Il fatto quotidiano einen neuen Brief Viganós mit detaillierten Schilderungen. (mu, DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.1.2012)