Kairo - Wahlmarathon in Ägypten: Knapp eine Woche nach der ersten Sitzung des neuen Parlaments sind rund 25 Millionen Bewohner des nordafrikanischen Landes zur nächsten Abstimmung aufgerufen. Bis Montagabend können die Bürger in Kairo, Alexandria und elf weiteren Provinzen die Mitglieder der Shura bestimmen. Die zweite Kammer des Parlaments mit ihren 270 Sitzen ist vor allem ein beratendes Gremium und wird von vielen Ägyptern als überflüssig angesehen. Entsprechend gering war zum Wahlauftakt am Sonntag die Beteiligung.

Selbst in Kairo blieben ein Jahr nach Beginn des Arabischen Frühlings, der den Sturz von Langzeitpräsident Hosni Mubarak herbeiführte, viele Wahllokale menschenleer. Nur einige Soldaten standen davor, um das Gebäude abzusichern. Lange Schlangen, wie es sie zu Beginn der Parlamentswahl Ende November gab, wurden nicht gesehen.

Geringe Beteiligung

Während bei der vorigen Abstimmung vielfach über verbotene Wahlwerbung vor den Wahllokalen berichtet wurde, versuchten nun nur in wenigen Fällen Parteien, ihre Propaganda noch unters Volk zu bringen. Einige Wahllokale öffneten nach Angaben lokaler Medien etwas später als vorgesehen. Beobachter gingen davon aus, dass die Wahlbeteiligung nur bei etwa zehn Prozent liegen dürfte.

Die Shura-Mitglieder werden in zwei Wahlgängen bestimmt. Nach der aktuellen Runde wählen am 14. und 15. Februar 14 weitere Provinzen. Für den 7. und den 22. Februar sind Stichwahlen anberaumt. Abgestimmt wird über 180 Mandate - 120 ziehen über Parteilisten ein, 60 über Direktkandidaturen. 90 weitere Abgeordnete werden von der Führung des Landes bestimmt. Diese Sitze bleiben aber zunächst leer. Die Wahlkommission hat dem regierenden Militärrat die Legitimation abgesprochen, die restlichen Gremiumsmitglieder festzulegen. Und ein Präsident ist noch nicht gewählt. Womöglich wird das Gremium aber auch in der neuen Verfassung ganz abgeschafft.

Aus der ersten Parlamentswahl nach dem Sturz des Langzeitpräsidenten Mubarak vor fast einem Jahr sind die Islamisten - vor allem die Muslimbruderschaft und die radikalere Partei des Lichts (Hizb al-Nour) - mit einer überwältigenden Mehrheit von rund 70 Prozent als Sieger hervorgegangen. Nach der Shura-Wahl steht bis Ende Juni noch eine weitere Abstimmung an: die Wahl eines neuen Staatsoberhaupts.

Der Vorsitzende des regierenden Militärrats, Mohammed Hussein Tantawi, rief die Ägypter während einer Militärzeremonie derweil auf, der Armee zu vertrauen. Das Militär werde nicht erlauben, dass jemand von innerhalb oder außerhalb des Landes die Entscheidungen Ägyptens beeinflusse, sagte er nach Angaben des Staatsfernsehens außerdem, ohne konkret zu werden.

Die Aussage kommt zu einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen Kairo und Washington wegen Razzien bei internationalen Organisationen und einem Ausreiseverbot für einige US-Bürger deutlich abgekühlt sind. Ägyptens Behörden haben ihre Untersuchungen, die auch die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung betreffen, mit dem Verdacht auf illegale ausländische Finanzhilfen verteidigt.

(APA)