Anläufe, die Effizienz des Staates zu steigern und damit auch Milliarden einzusparen, gab es zuhauf.

Grafik: DER STANDARD

Wien - Man kann ja nie wissen. Die Polizeigewerkschaft hat letzte Woche gleich einmal präventiv reagiert und einen Protestbrief an die Regierung abgeschickt. Sie solle sich hüten, eine Beamtensteuer zur Budgetsanierung einzuführen. Und überhaupt: Weitere Verwaltungsreformen werde man sicher nicht in Kauf nehmen.

Die Ordnungshüter hätten sich die Nerven sparen können. Laut letzten Meldungen der Austria Presseagentur liegt - was eine Verwaltungsreform anbelangt - bisher ohnehin nur ein dünnes Programm auf dem Tisch. So wolle Justizministerin Beatrix Karl kleine Bezirksgerichte zusperren, ein bissl gespart werden soll auch bei den Heeresspitälern. Und aus den Bundesländern käme auch ein Beitrag: Die Steiermark habe Gemeindezusammenlegungen eingeleitet, in Oberösterreich soll es zumindest Gemeindekooperationen geben.

Wenn das alles ist, was von den großen Reformdebatten der letzten Jahre übriggeblieben ist, wird die Warnung des Wifo-Chefs Karl Aiginger aus dem Jahr 2009 sich bewahrheiten: Ohne Verwaltungsreform, sagte Aiginger, müsse das Defizit über höhere Steuern abgebaut werden.

Anläufe, die Effizienz des Staates zu steigern und damit auch Milliarden einzusparen, gab es zuhauf. Noch vor zwei Jahren, im Februar, rief der damalige ÖVP-Chef und Vizekanzler Josef Pröll sogar zu einem "nationalen Kraftakt" auf. Der budgetäre Druck mache es notwendig, endlich eine Verwaltungsreform anzuschließen, ließ sich Pröll die Forderung sogar mit einem Beschluss des Parteivorstandes besiegeln. Der Antrag ruht noch immer schwer im ÖVP-Archiv.

Es brennt der Hut

Man kann das Rad noch weiter zurückdrehen. 2003 trommelte die schwarz-blaue Regierung heimische Experten zu einem Österreich-Konvent zusammen. Ex-ÖVP-Politiker und Verwaltungsspezialist Bernd Schilcher skizzierte damals - wie auch das Wifo und der Rechnungshof -, wie eine raschere, verlässlichere Verwaltung organisiert werden könnte. Schilcher kam auf Einsparungen von 16 Milliarden Euro durch eine Straffung der Strukturen.

Dass der Hut brennt, hatte schon ein Jahr zuvor das Institut für Föderalismus in Innsbruck notiert: Ein Vergleich des Aufwandes der öffentlichen Dienste für die vier Staaten Deutschland, die Niederlande, die Schweiz und Österreich zeige: Kein Land gibt so viel Geld für Verwaltung aus wie Österreich.

Heute, zehn Jahre später, ist Österreich kaum einen Schritt weiter. Obwohl: Das Wifo rechnete 2010 neuerlich aus, dass schon durch eine kleine Verwaltungsreform - allein durch eine Nichtnachbesetzung von Dienstposten, stärkere Kooperation der Gemeindeverwaltungen und besseren Einkauf von Sachleistungen - enorme Einsparungen möglich seien.

Langfristiges Sparpotenzial sei auch durch ein flexibles, neues Beamtendienstrecht - weniger Versetzungs- und Kündigungsschutz - zu heben.

Ineffizienzen

Das Sparausmaß bezifferte das Institut mit kurzfristigen 200 Millionen bis 1,1 Milliarden Euro, langfristig seien bis zu 2,5 Milliarden drinnen. Der Rechnungshof eruierte jüngst, dass allein eine Harmonisierung der Regelungen für Landesbedienstete mit den Bundesbediensteten 700 Millionen Euro einsparen könne, die Streichung der Sonderpensionsrechte der ÖBB, Notenbanken und Sozialversicherungsträger brächten weitere kräftige Einsparungen.

Es gehe, sagt Rechnungshof-Chef Josef Moser im STANDARD-Gespräch um die Eliminierung von Doppelgleisigkeiten, von Ineffizienzen. Die Reform müsse endlich kommen. Die Notwendigkeiten lägen auf der Hand. Allein die Schulden in den Gemeinden seien zwischen 2006 und 2010 um 61 Prozent gestiegen, jene der Länder um 89 Prozent. Moser: "Sehr viele Gelder, sogar im Pflegebereich, kommen nur zum Teil bei den Betroffenen an, viel zu viel versickert in der Struktur." (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2012)