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Schon auf der Regierungsbank waren Roberto Maroni, Silvio Berlusconi und Umberto Bossi (von links) einander nicht mehr grün. Ganz rechts unten: Ex-Finanzminister Giulio Tremonti.

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In der Lega muss sich Parteigründer Bossi noch dazu einem Machtkampf stellen.

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Unterschiedlicher könnten die beiden kaum sein. Der eine besitzt 20 Luxusvillen und reist im Privatflugzeug, der andere zeigt sich gern im Rudererleiberl und klopft derbe Sprüche. Gemeinsam haben sie Italien in acht Jahren an den Rand des Abgrunds geführt. Nach dem Verlust der Macht scheint die Männerfreundschaft zwischen Silvio Berlusconi und Umberto Bossi nun zu zerbrechen.

Der Cavaliere sei ein "Schlappschwanz", schimpfte der Lega-Chef, als Berlusconi sein Ultimatum ablehnte, Mario Montis "infame Regierung" sofort zu stürzen. Der Lega-Nord-Chef drohte mit einem politischen Racheakt: Die Lega werde der "korrupten" lombardischen Regionalregierung das Vertrauen entziehen. Eine verquere Logik: Denn stürzt die Lega den einflussreichen Präsidenten Roberto Formigoni, beraubt sie sich in Mailand selbst der Macht.

Bossis Ultimatum ist der Kraftakt eines angeschlagenen Parteichefs, der die Lega seit ihrer Gründung 1980 patriarchal führt. Potenzielle Widersacher werden gefeuert, Widerspruch autoritär unterdrückt. Jetzt begehrt das Fußvolk erstmals auf: bei einer Kundgebung auf dem Mailänder Domplatz wurde der 70-Jährige von der Basis ausgepfiffen - eine bisher undenkbare Majestätsbeleidigung. Der Grund: Er hinderte seinen Gegenspieler Robert Maroni daran, das Wort zu ergreifen.

Die Basis irritiert vor allem der allgegenwärtige "cerchio magico" , jener engste Kreis von Vertrauten, der den Lega-Chef systematisch abschirmt und alle seine Entscheidungen beeinflusst. Um eine Palastrevolte zu verhindern, musste Bossi einen Intimus opfern: Fraktionschef Marco Reguzzoni. Aus dem jüngsten Machtkampf mit Maroni geht der Lega-Gründer deutlich geschwächt hervor.

Am Wochenende war es Ex-Minister Roberto Calderoli, der Berlusconi mit einem neuen Ultimatum provozierte: Falls der Cavaliere Monti nicht bis 15. März das Vertrauen entziehe, trete die Lega bei den Kommunal - und Provinzwahlen im Frühjahr alleine an.

PDL-Chef Angelino Alfano verwies kühl darauf, dass die Lega-regierten Regionen Venetien und Piemont auf seine Partei angewiesen seien. Doch auch in seinen Reihen wächst der Widerspruch gegen die Unterstützung der Regierung Monti. Am Freitag gerieten sich in der Kammer Fraktionssprecher Fabrizio Cicchitto und Ex-Verteidigungsminister Ignazio La Russa lautstark in die Haare. Vor allem aus den Reihen der Nationalen Allianz wird der Ruf lauter, "dem Professore den Hahn abzudrehen" . La Russa drohte gar mit Gründung einer neuen Partei.

In Umfragen ist der PDL in der Wählergunst auf 22 Prozent gesunken. Berlusconi scheint sich des Dilemmas durchaus bewusst, doch Montis Sturz könnte sich politisch verheerend auswirken. Trotz zahlreicher Streiks wünschen 68 Prozent der Italiener, dass der Ökonom bis 2013 weiterregiert. Ironischerweise sind es bei der Lega noch mehr: 80 Prozent der Hörer von Raio Padania mit Monti zufrieden. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2012)