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Kardinal Christoph Schönborn.

Foto: AP/dapd/Rupprecht

Die Event-Programmierung in Österreichs öffentlich-rechtlichem Fernsehen umfasst neben monegassischen Hochzeiten, Habsburger-Begräbnissen und wintersportlichen Ertüchtigungen auch Seligsprechungen der römisch-katholischen Kirche. Ob sie dahingehören, kann man diskutieren. Immerhin wurde die Seligsprechung der christlich-sozialen Politikerin und Gründerin der Caritas Socialis, Hildegard Burjan, in den Kultur-Spartensender ORF 3 ausgelagert. Mit etwas gutem Willen kann man das als Symbol für eine halbwegs vorhandene Trennung von Kirche und Staat nehmen.

Die Leistungen Hildegard Burjans als emanzipatorisches Vorbild und karitative Heldin sind unbestritten. Eine dieser Leistungen aus der Sicht der römisch-katholischen Kirche ist wohl auch die Konvertierung zu derselben.

Also wurde der großen Dame ein "heroischer Tugendgrad" attestiert, sie wurde exhumiert und in ihre Gedächtniskapelle umgebettet. Mehrere Gremien aus Theologen, klerikalen Würdenträgern und Ärzten gestanden ihr die Herbeiführung eines Wunders zu. Ein ihren Überresten entnommener Knochensplitter, ihr Ehering und eine Brosche dienen als Reliquien. Als "einmaliges Ereignis für ganz Österreich" kann man sich dann im TV die kirchliche Zeremonie zu St. Stephan samt lateinischen Formeln und Orgelgewitter ansehen.

Da drängt sich die Frage auf, ob so ein Prozedere der Leistungen einer Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben stand, wirklich gerecht wird. Gerade auf dem Gebiet der Gleichberechtigung könnte die Kirche auch andere Taten setzen als den symbolischen Akt der Seligsprechung einer eindrucksvollen Politikerin. (Alois Pumhösel/DER STANDARD; Printausgabe, 30.1.2012)