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Obama hat es in seiner ersten Amtszeit nicht geschafft, so "bi-partisan" zu regieren, wie er es versprochen hatte.

Foto: EPA/MICHAEL REYNOLDS

"There's not a liberal America and a conservative America; there's the United States of America", sagte Barack Obama vor acht Jahren bei seiner viel gerühmten ersten großen Rede vor den Honoratioren der Demokratischen Partei. Ein Ende der Spaltung Amerikas hat er 2008 vor seiner Wahl zum 44. Präsidenten der USA versprochen. Misst man ihn jetzt, wo sich seine erste Amtszeit dem Ende zuneigt, an diesem Vorhaben, fällt es schwer, das Wort des Scheiterns zu vermeiden. Die Republikaner, so scheint es, stemmen sich mit ganzer Kraft gegen die politischen Ziele des ersten schwarzen Präsidenten, mehr noch als es die Demokraten unter Obamas republikanischem Vorgänger George W. Bush zu tun vermochten.

Das, so die Politikwissenschaftler Keith T. Poole von der University of California in San Diego und Howard Rosenthal von der New York University, ist freilich nicht erst seit gestern so. Die beiden haben das Auseinanderdriften des Land of the Free in ihrem 2006 erschienenen Buch "Polarized America" mittels eines aufwendigen Messverfahrens veranschaulicht. Und im vergangenen Jahr upgedatet. Das Ergebnis: Seit Ende des Bürgerkriegs standen sich die beiden großen Lager nicht mehr so unversöhnlich gegenüber wie heute. Die Moderaten beider Parteien befinden sich seit Jahren im Rückzug, nur zehn Prozent der Abgeordneten in beiden Kammern des Kongresses lassen sich heute noch so einordnen. Der konservativste Demokrat präsentiert sich demnach um Lichtjahre liberaler als der liberalste Republikaner.

In den Sechzigern schlossen sich die Reihen

Die Spaltung in Rechts und Links - und die Marginalisierung der politischen Mitte - beherrscht aber schon seit den Sechzigerjahren den Diskurs. Damals wechselten konservative Demokraten aus den Südstaaten, etwa der notorische Rassist und "Dixiecrat" Storm Thurmond aus South Carolina, die politische Seite und traten zu den Republikanern über. Auch Ronald Reagan, später Präsident und konservatives Rollenmodell, war früher Demokrat. Und liberale Republikaner, zum Beispiel der spätere Parteichef Howard Dean und der heutige Verteidigungsminister Leon Panetta, traten der Demokratischen Partei bei.

"Es gibt tatsächlich ein rotes Amerika und ein blaues Amerika", schreibt der "New Yorker"-Kolumnist Ryan Lizza und spielt dabei auf die traditionellen Parteifarben der Republikaner (Rot) und der Demokraten (Blau) an. Das liege freilich nicht nur an den Parteien selbst. Immer mehr Amerikaner bleiben demnach politisch unter sich, es hätten sich zusehends politisch segregierte Landstriche gebildet. Obama alleine könne diesen seit Jahrzehnten andauernden Trend nicht zur Umkehr zwingen.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise tut das ihre, um die sozialen Zentrifugalkräfte zu verstärken. So trägt auch die zunehmend auseinandergehende soziale Schere an der politischen Polarisierung Schuld, konstatieren Poole und Rosenthal. Während in den Fünfzigern und Sechzigern Besserverdienende eher zu den Demokraten tendiert haben, wählten diese seit der Neuausrichtung der Grand Old Party in Richtung Wirtschaftslibertarismus immer öfter republikanisch. Dass die aktuelle Hoffnung der Republikaner, Mitt Romney, als Gouverneur von Massachusetts eine Gesundheitsreform ins Rollen brachte, der jene Obamas mehr als ähnlich ist, ist in diesem Zusammenhang die Ausnahme, welche die Regel bestätigt. (flon, derStandard.at, 30.1.2012)