Die Täter-Opfer-Umkehr war die Spezialität der Nazis. Weil die Juden in den Wahnvorstellungen Hitlers die "Vergiftung" des deutschen Volkstums betrieben, "durfte" man gegen sie einen Ausrottungskrieg führen. Wenn daher heute der Vorsitzende einer großen österreichischen Parlamentspartei die Demonstrationen gegen einen Ball der deutsch-völkischen bis rechtsextremen Burschenschaften mit der "Reichskristallnacht" vergleicht und dazu sagt, "wir" (die FPÖ) seien ja "die neuen Juden", dann betreibt dieser Mann Täter-Opfer-Umkehr.

Heinz-Christian Strache ist als Jugendlicher mit Neonazis bei "Wehrsportübungen" durch die Büsche gekrochen, hat mit dem Neonazi-Gruß "drei Bier" bestellt und die damit einhergehende Indoktrination offenbar bis heute verinnerlicht. Sogar ein Strache muss wissen, dass die "Reichspogromnacht" (korrekte Bezeichnung) vom November 1938 eine vom NS-Staat geplante Gewaltaktion war, in deren Verlauf rund 400 Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben, rund 1400 Synagogen, Betstuben, Friedhöfe etc. zerstört und rund 30.000 Juden ins KZ gesteckt wurden.

Wer das mit den Demos gegen einen Burschenschafterball vergleicht, wäre am nächsten Tag weg aus der Politik. Allerdings in Deutschland. So kann man nur allen Parteien, besonders aber der ÖVP, raten, den Kontakt mit Strache und seiner Burschenschafter-Partei umgehend abzubrechen. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.1.2012)