STANDARD: Ihr Abschied vom ORF liegt nun mehr als ein Jahr zurück. Die richtige Entscheidung?
Köhler: Die perfekte Entscheidung. Wir haben gemeinsam ein neues Produktionsunternehmen gegründet und eine Mutter mit einer Unternehmenskultur, die ihresgleichen sucht. Wir mussten die Mannschaft auf 20 Mitarbeiter verdoppeln und haben schon jetzt 45 Stunden in Produktion. Der internationale Markt reagiert besser, als ich je gedacht hätte. Dabei hatte ich nicht das Gefühl, dass meine Einschätzungen schlecht sind. Die weißen Löwen von Timbavati konnten wir bereits vorab einem amerikanischen Sender verkaufen. Wir haben eine große Unabhängigkeit. Alle arbeiten leider viel zu viel, aber jedem macht es extrem großen Spaß.
STANDARD: Im Unterschied zu "Universum" ist "Terra Mater" noch nicht so stark als Marke eingeführt. Wie gehen Sie da vor?
Köhler: Der hochqualitative Dokumentarbereich umfasst drei Genres: Science, Nature und History. Die Welt darin ist relativ klein. Man kennt sich seit langem. Jeder der Beteiligten weiß, wer hinter der Marke Terra Mater steht.
STANDARD: Aber wenn die Branche klein ist, hat man mehr Erklärungsbedarf. Wurden Sie nicht andauernd nach Gründen für Ihr Ausscheiden aus dem ORF gefragt?
Köhler: In der Branche wusste man, dass ich schon zu ORF-Zeiten Universum ausgliedern und damit Joint Ventures mit anderen Partnern machen wollte, um die Zukunft abzusichern. Das wurde nicht gewollt, deshalb suchte ich nach einem Partner, mit dem man so ein Konstrukt machen kann.
STANDARD: Löwen, Nordlicht, Sherpas, Vögel, Neandertaler: Warum wurden ausgerechnet das die ersten Eigenproduktionen?
Köhler: Mir war wichtig, dass wir Vielfalt zeigen: einen klassischen Tierfilm, eine spannende zeitgemäße Wissenschaftsdoku, einen Abenteuer-Ethnofilm, intelligente Vögel und einen Science-Thriller.
STANDARD: Wie sind Sie bei der Finanzierung vorgegangen?
Köhler: Wir haben mit Servus TV einen Outputvertrag, und darüber hinaus gingen wir vor wie immer: Man redet mit Partnern.
STANDARD: Ist die Finanzierung von teuren Naturfilmen in Krisenzeiten schwieriger?
Köhler: Daran hat sich nichts geändert. Durch die Krisenjahre 2008 und 2009 war der Markt extrem leer. Das war vielleicht unser Vorteil. Wir konnten diese Lücke ausnützen. Aber keine Frage, wir bekommen einen großen Vertrauensvorschuss. Wir sind ein extrem eingearbeitetes Team. Das kombiniert mit einer höchst erfolgreichen Mutter, die im Marketing zu den ganz Großen in der Welt zählt: Natürlich hat das einen sehr positiven Effekt auf Käufer und Koproduzenten.
STANDARD: Gibt's Interesse zu Kauf oder Koproduktion vom ORF?
Köhler: Der ORF hat noch nicht Kontakt mit mir aufgenommen.
STANDARD: Wäre von Ihrer Seite eine Zusammenarbeit möglich?
Köhler: Ich hätte damit überhaupt kein Problem. Wir gestalten im Auftrag von Servus TV einen Slot. Eine nähere Beziehung gibt es da nicht. Natürlich haben wir einen stehenden Vertrag, aber wäre der ORF interessiert, eine unserer Produktionen zu erwerben, müsste man verhandeln, und es wäre logisch, dass der viel kleinere Sender den Ausstrahlungstermin vor dem großen Sender bekommt. Wenn der ORF sagt, er will die Produktion als Auftrag finanzieren - warum sollte eine freie Produktionsfirma das nicht machen?
STANDARD: Wie bringt sich Dietrich Mateschitz in die Produktion ein?
Köhler: Er hat großes Vertrauen in unsere Fähigkeiten.
STANDARD: Sehr diplomatische Antwort: Bringt er sich ein?
Köhler: Wir haben Kreativmeetings, ich informiere ihn immer wieder.
STANDARD: "Terra Mater" ist die stärkste Sendereihe bei Servus TV. Wo möchten Sie nächstes Jahr stehen?
Köhler: Das Ziel ist, öfter und stabiler sechsstellig zu werden. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 31.1.2012)