Konsumkredite im Handel boomen. Finanziert werden sie von Santander - Schuldnerberater warnen. Die Bank versucht sich auch im Geschäft mit neuen Nasen und Zähnen auf Raten. Der Erfolg in Österreich ist bisher mäßig.

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Wien - So richtig viele Nasen habe seine Bank bisher nicht finanziert, räumt Olaf Peter Poenisch ein. Der Bedarf an Schönheitsoperationen sei da. Diese auf Raten zu zahlen, dafür fehle es in Österreich jedoch noch an ausreichend Verständnis. So ein Geschäft wachse eben langsam, er bleibe auf jeden Fall dran.

Poenisch ist Chef der Santander Consumer Bank in Österreich. Das spanische Geldhaus tritt hierzulande nicht offensiv auf. Hinter den Kulissen hat man den Markt dennoch fest im Griff. Santander ermöglicht den Einkauf auf Pump. Der Konzern wickelt 99,6 Prozent der Kredite im Einzelhandel ab, ob für die Couch bei Lutz oder den Fernseher bei Saturn. Lediglich Ikea gründete dafür europaweit eine eigene Servicebank.

Angesichts des hohen Marktanteils bei Handelsketten seien neue kreative Geschäftsmodelle gefragt - für Poenisch liegen sie vor allem im Gesundheitssektor, auch wenn sich bisher noch keine Brüste und nur einige wenige Nasen anboten. Anders sei das in Deutschland, wo Zahnärzte etwa aktiv für neue Gebisse auf Raten werben. "Es geht hier um einen echten Service."

Santander schweben auch Teilzahlungen für Urlaube oder Energie-Jahresabrechnungen vor. Ersteres laufe schon auf Sparflamme. Die Schuldnerberater Hans Grohs und Alexander Maly bezeichnen diese Pläne als Unsinn und gefährliche Drohung. Banken dürften keine Fragen der Gesundheitsversorgung beantworten. Sie würden verführbare Kunden ansprechen, deren Budget überstrapaziert sei. Eigenverantwortung hin oder her, warnt Maly, lasse man diese Gruppe ins Verderben rennen, schade das der gesamten Wirtschaft.

Noch konzentriert sich Santander in Österreich auf jene, die "sofort und nicht erst in sechs Monaten" fernsehen wollen. Die Bank finanzierte 2011 Warenkredite im Volumen von 100 Millionen Euro. Dazu kamen gut 200 Millionen für Autokäufe. In beiden Sparten stiegen die Umsätze nach eigenen Angaben um ein Fünftel. Poenisch: "Kunden kaufen sich schöne Dinge und gehen uns daher nie aus."

Was aber nicht daran liege, dass man großzügiger in der Kreditvergabe sei oder jeder einen bekomme, der lesen und schreiben könne, wie er versichert. Dass in der Regel ein Gehaltszettel fürs Shoppen auf Raten genüge, weist er entschieden zurück und spricht von intensiver Bonitätsprüfung.

Der Grund für boomende Konsumkredite sei die stärkere Bewerbung durch Handelsketten. Mit Rabatten allein sei bei flauen Umsätzen nicht mehr viel zu reißen. Teilzahlung bringe Vorziehkäufe und sei eine nicht wegzudenkende Dienstleistung, sagen Händler.

90.000 Konsumkredite

120.000 Kreditanfragen im Vorjahr zählte Santander, 90.000 wurde stattgegeben. Abgestottert werden können im Warengeschäft Beträge ab 250 Euro, im Schnitt liegen die Kredite bei 1100 Euro und Laufzeiten bei 18 Monaten. Wirbt der Handel mit zinsenfreien Krediten, zahlt er diese meist selbst, anstatt Rabatte zu geben. Ansonsten reichen Zinsen bis in zweistellige Höhen. Auch Bearbeitungsgebühren fallen gerne ins Gewicht.

Grohs sieht unterm Strich hohe Zinsen für kleine Kredite. Diese erlaubten der Bank stärkere Ausfallquoten, ohne dass es ihr rasch an die Substanz gehe. Dass kaum Oberärzte und Uniprofessoren unter seinen Kunden sind, sei logisch. Das Risiko, dass die Kunden das Geld nicht zurückzahlten, sei aber übersichtlich und in den vergangenen Jahren gesunken, hält Poenisch entgegen. Im Übrigen sei Warenkreditvergabe nicht profitabel. Santander mache den Gewinn mit jenen Österreichern, über die sie Daten sammelte und die für weitere Kredite gewonnen werden. Mit diesen Daten ließe sich über eine Massenaussendung gut nach Kunden fischen, sagt Grohs. "Etwas bleibt immer hängen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.1.2012)