Im Rahmen der Debatte um das Spar-(eher: Belastungs-)Paket donnerte ÖGB-Präsident Erich Foglar vor kurzem: "Zehn Prozent besitzen zwei Drittel der Vermögen in Österreich!"

Eine Behauptung, die derzeit bei vielen zieht, aber so nicht stimmt. Wie steht es wirklich mit den Daten? "Sie sind schlecht", sagt der Projektleiter einer Studie der Nationalbank, Martin Schürz. Es gibt zwei Studien von Mitarbeitern der Österreichischen Nationalbank (OeNB), eine aus 2004 über die Geldvermögen und eine aus 2008 über die Immobilienvermögen der privaten Haushalte. Auf diese beiden Studien stützt sich die gesamte Debatte, stützen sich vor allem jene, die die Ungleichheit kritisieren und Vermögenssteuern fordern.

Demnach gab es 2009 rund 473 Milliarden privates Geldvermögen (Sparbücher, Wertpapiere, Lebensversicherungen, und Unternehmensbeteiligungen). Davon besitzen die obersten zehn Prozent der Haushalte rund 54 Prozent.

Dazu muss man aber einige relativierende Umstände kennen. "Geldvermögen" sind laut Studie Guthaben, Lebensversicherungen, Wertpapiere - und Unternehmensbeteiligungen. Diese, immerhin 41 Milliarden, sind wohl nicht wirklich als "liquide Mittel" anzusehen. Laut Studien-Mitautor Peter Mooslechner, überlegt man noch, wie man in der nächsten Auflage der Studie damit verfährt. Derzeit sind sie aber drinnen und erhöhen statistisch den Grad der Ungleichheit, denn Firmenbesitzer sind wenige, aber "reich".

Umgekehrt sagen Kritiker der Studie, dass man fairerweise auch die sogenannten Pensionsanwartschaften als Vermögen behandeln müsse. Ein Durchschnittsverdiener bekommt derzeit in der Pension im Schnitt 8,2 Jahreseinkommen ausbezahlt. Rechnet man das in die Vermögensverteilung ein, ist die Ungleichheit sofort beträchtlich reduziert.

Wissen muss man auch, dass es zwar gesicherte Daten über die Gesamthöhe des Vermögens gibt, aber nicht über die Verteilung. Alle Aussagen der beiden Studien (Geldvermögen, Immobilien) zur Verteilung beziehen sich auf Umfragen. Die Aussage "Die top zehn Prozent besitzen 61 Prozent des privaten Immobilienvermögens von insgesamt 880 Milliarden" stützt sich ausschließlich auf Umfragen; während die Aussage, dass die Einkommen in Österreich sehr gleich verteilt sind (siehe Kolumne vom 28. 1.), zur Hälfte auf Steuerdaten und nur zur Hälfte auf Umfragen beruht.

Der Experte der Industriellenvereinigung, Clemens Wallner, Autor einer Studie über "Wohlstand, Armut und Umverteilung", zweifelt die Ergebnisse trotzdem nicht grundsätzlich an. Aber er - und nicht nur er - fragt sich, "ob das etwas aussagt". Es sei normal, wenn Vermögen sich eher in den Händen jener findet, die besser verdienen und mehr sparen. Immerhin sind auch 52 Prozent des privaten Immobilienvermögens eigengenutzte Hauptwohnsitze. Außerdem, so Wallner: "Will ich wirklich, dass der Staat da künstlich eingreift?"

OeNB-Studienleiter Schürz will das schon: Bei einer Diskussion im November 2009 erklärte er, die Erbschaftssteuer solle bei 100 Prozent liegen, man solle alle Erbschaften verstaatlichen.

Quellen: Andreasch, Mooslechner, Schürz: "Einige Aspekte der Vermögensverteilung in Österreich" (www.bmask.gv.at). Wallner: "Wohlstand, Armut und Umverteilung - 3.Auflage"(www.iv-net.at). (DER STANDARD, Printausgabe, 1.2.2012)