Paris - Salonfähig wird man nicht unbedingt auf dem Wiener Parkett: Diese Erfahrung macht Marine Le Pen nach ihrem Auftritt am Wiener Korporationsball. Ihr Besuch sorgt in Paris für eine wüste Polemik und macht ihre ganzen Bemühungen zunichte, vor den Präsidentschaftswahlen im Mai als gemäßigter als ihr Vater Jean-Marie Le Pen zu erscheinen. Gruppen wie SOS Racisme, die Anti-Rassismus-Organisation Mrap und die Union jüdischer Studenten protestieren nachträglich gegen Le Pens Auftritt auf einem "widerlichen Ball für Nostalgiker des Dritten Reiches".

Der Pressedienst Marine Le Pens gab daraufhin bekannt, dass die Spitzenkandidatin des Front National Klage wegen Verleumdung einreichen werde. Der Parteigründer Jean-Marie Le Pen erklärte, er habe früher selbst an diesem "herrlichen Ball" teilgenommen, der das Wien des 19. Jahrhunderts wieder aufnehme.

Marine Le Pen, die dem amtierenden Präsidenten Nicolas Sarkozy in Umfragen immer näher kommt, suchte seit längerem den Kontakt mit Israel und grenzte sich von den "Gaskammer-Sprüchen" ihres Vaters ab, um auch jüdische Wähler anzuziehen. Vor kurzem erst hatte sich eine neugegründete "Union der jüdischen Franzosen" offiziell hinter ihre Kandidatur gestellt. (brae, DER STANDARD, Printausgabe, 01.02.2012)