Wien - Ein Auszug aus dem politischen Portfolio von Gabi Burgstaller, Landeshauptfrau von Salzburg: Arbeitsmarkt, Bildung, Wissenschaft, Frauen, Katastrophenschutz. Ein Auszug aus dem Aufgabenbereich von Erwin Pröll, Landeshauptmann von Niederösterreich: Straßenbau, Kultur, Dorferneuerung, Verwaltungsorganisation, Gemeindeförderung. Und zum Vergleich das gesamte Portfolio von Michael Häupl, Landeshauptmann von Wien: Vertretung der Stadt nach außen. Alle drei verdienen etwa 16.000 Euro brutto im Monat.

Nicht nur, wenn gerade übers Sparen diskutiert wird, machen Oppositionsparteien gerne darauf aufmerksam, dass Häupl das einzige Landesoberhaupt ist, das sich nicht um ein Ressort kümmert - übrigens wie alle seine Vorgänger. Wenn man im Rathaus nachfragt, wird das genau so begründet: Das sei immer so gewesen, und überhaupt sei es arbeitsintensiver, eine Stadt und ein Land (was Wien formal ist) zu regieren.

Das Argument, dass man sich mit einem ressortzuständigen Bürgermeister einen Stadtrat sparen könnte, zieht da anscheinend nicht; die nicht amtsführenden Stadträte wegzurationalisieren kann sich Häupl durchaus vorstellen. Logisch, denn die machtlosen Mitregierer stellt die Opposition.

Der Debatte um die Verkleinerung des Landtages werde sich Wien "nicht entziehen" können, räumte Häupl am Samstag im Journal zu Gast ein, auch wenn die Stadtverantwortlichen hier ebenfalls gern als Argument ins Treffen führen, es handle sich um Landtag und Gemeinderat quasi in Personalunion. Im Verhältnis Abgeordneter zu Bürger liegt Wien mit eins zu 17.000 im österreichweiten Mittelfeld. An der Spitze ist das Burgenland (eins zu 7900), Schlusslicht ist Niederösterreich mit eins zu 29.000.

1112 Bezirksräte

Was Häupl nie dazusagt, wenn er die Zahl der Rathauspolitiker verteidigt: Neben den 100 Landtags- und Gemeinderatsabgeordneten gibt es in Wien eine wahre Armada von Bezirkspolitikern. 1112 Bezirksräte werden in Wien gewählt - die in der öffentlichen Wahrnehmung praktisch unsichtbar sind.

Der Ruf nach einer Verkleinerung der Bezirksparlamente ist nicht oft zu hören. Deren Größe variiert nach Einwohnerzahl zwischen 40 und 60 Mandataren. Der eine oder andere Bezirksgrüne schlägt von Zeit zu Zeit vor, die Zahl der Bezirksräte zu halbieren. Den Bezirken stünden so jedes Jahr drei Millionen Euro mehr zu Verfügung.

Schieflage bekommt das Verhältnis zwischen Wahlvolk und Volksvertretern, wenn man nachrechnet, wie viele Bürger ein Mandatar repräsentiert. In der Inneren Stadt, dem mit 17.500 Einwohnern kleinsten Bezirk, kommen auf jeden der 40 Bezirksräte 437 Bürger. In Donaustadt, mit 159.000 Menschen, liegt das Verhältnis bei eins zu 2648.

Die Bezirksräte bekommen jedenfalls ein nettes Körberlgeld: Rund 400 Euro brutto im Monat und das 14 Mal im Jahr, zusätzlich gibt es noch jeweils 44 Euro für Ausschusssitzungen oder Ortsverhandlungen, an denen sie als Vertreter des Bezirksvorstehers teilnehmen. In Summe macht allein das Fixum jährlich mehr als sechs Millionen Euro aus.

"Es ginge mit weniger"

Die meisten der 23 Bezirksvorsteher wollen jedenfalls keinen ihrer Mandatare missen. Schließlich - so das Argument - gebe es in jedem Bezirk bis zu 3000 Kommissionierungen jährlich, die man nicht alle persönlich wahrnehmen könne. Also sei jeder Sitz im Bezirksparlament unverzichtbar. Immerhin hätte City-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel diesbezüglich ein Einsehen und meint: "Es ginge sicher mit weniger Bezirksräten." (Bettina Fernsebner-Kokert, Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 1.02.2012)