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Gegner von Assad und wie sie die Politik Russlands einschätzen.

Foto: Local Coordination Committees in Syria, File/AP/dapd

Njet: Wieder einmal hat Russland Dienstagabend eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zu Syrien verhindert. Die vorgeschlagene UN-Resolution würde zu einem Bürgerkrieg führen. Die Konfliktparteien sollten doch miteinander reden, lautet der russische Standpunkt. Eine Rücktrittsaufforderung an den syrischen Premier Bashar al-Assad lehnt Russland vehement ab. Warum eigentlich? Welche Interessen stehen hinter der russischen Weigerung der UN-Resolution zuzustimmen?

Waffenlieferungen und Militärbasis

Die Washington Post nennt mehrere Faktoren für die russische Position: Zum einen hat Russland handfeste wirtschaftliche Interessen zu verteidigen. Zwischen sieben und zehn Prozent der russischen Waffenexporte gehen nach Syrien, zitiert die Washington Post Alexander Golts, Militäranalyst und stellvertretender Herausgeber der Online-Publikation "Yezhednevny Zhurnal". Außerdem sei erst 2008 die russische Marinebasis in Tartus, der zweitgrößten Hafenstadt des Landes, in Betrieb genommen worden - der einzige Stützpunkt der russischen Marine im Mittelmeer. Im vergangenen Dezember haben die beiden Länder einen 550 Millionen US-Dollar schweren Vertrag über die Lieferung von 36 Militärflugzeugen unterzeichnet.

Anti-westliche Töne im Wahlkampf

Aber auch innenpolitische Gründe erklären die russische Ablehnung der UN-Resolution. Am 4. März wird in Russland ein neuer Präsident gewählt. Obwohl Wladimir Putin schon als nächster Mann an der Spitze des Landes festzustehen scheint, setzt er im Wahlkampf verstärkt auf anti-westliche und besonders anti-US-amerikanische Rhetorik. Russland versucht sich mit seinem vehementen Nein zu einer UN-Resolution gegen das syrische Regime wieder auf der politischen Weltbühne Gehör zu verschaffen, versucht die International Herald Tribune (IHT) die russische Position zu ergründen. Und führt zur Untermauerung dieses Arguments ein Zitat von Alexei Bogaturov, vom staatlichen Institut für Internationale Beziehungen in Moskau, ins Treffen: Nach dem Ende der Sowjetunion gebe es kein Gegengewicht mehr zu den Ambitionen der vorherrschenden Supermacht. Die ablehnende Haltung Russlands ist deshalb auch als Strategie im Kampf um erhöhten weltpolitischen Einfluss zu verstehen, schreibt die IHT.

Paranoia vor Arabischem Frühling

Unter die Mixtur aus Wahlkampfgetöse und dem Versuch den USA die Stirn zu bieten, mischt sich auch eine Prise Paranoia. Mark Katz, Experte für die Beziehungen zwischen Russland und dem Nahen Osten der in Washington ansässigen George Mason University, sagt zur Washington Post, dass Russland sich davor fürchte, der Arabische Frühling könnte auch im eigenen Land Blüten treiben. Und zwar im muslimisch geprägten Nordkaukasus. Russland argumentiert die zögerliche Kritik an Syrien auch mit einer vermeintlichen Alternativlosigkeit zu Assad. Experte Katz zur Washington Post: "Russland fürchtet, dass nach einem Abgang von Assad ein islamistisches Regime seinen Platz einnimmt."

Um nicht nur als Blockierer aufzutreten, hat Russland Anfang dieser Woche beide Seiten des Konflikts in Syrien zu informellen Gesprächen nach Moskau eingeladen. Vertreter der Opposition haben umgehend abgelehnt. (mka, derStandard.at, 1.2.2012)