Wien - Nach langem Tauziehen um nötige Nachbesetzungen an der Spitze der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) haben sich am Montag vor der entscheidenden Sitzung des Generalrates die Fronten gelichtet. Insider berichten, lediglich der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider könnte die Favoritenliste noch umstoßen, da der frühere FP-Chef mit dem "Raiffeisen-Reich im Clinch liegt."

Der "rote" OeNB-Präsident Adolf Wala (66) scheidet Ende August nach fünfjähriger Amtszeit aus. Sein Nachfolger soll Herbert Schimetschek (65), der langjährige "schwarze" General der zum Raiffeisen-Reich gehörenden Uniqa- Versicherung bestellt werden. Er ist derzeit Vizepräsident.

IHS-Felderer gilt als Favorit

Als Favorit für den Posten des Vizepräsidenten gilt der Wirtschaftsforscher und Leiter des Institutes für Höhere Studien, Bernhard Felderer (62), der die Regierungsparteien in wirtschaftspolitischen Fragen berät.

Mit Schimetschek an der Spitze, dem früheren RZB- Chef Klaus Liebscher als wiederbestelltem Gouverneur sowie August Astl (Landwirtschaftskammer), Johann Marihart (Agrana) und RZB-Chef Walter Rothensteiner im OeNB-Generalrat lenken künftig fünf Raiffeisen-Männer die Geschicke der Notenbank, sagten Insider.

Eine Ebene unter Präsident und Vizepräsident, im vierköpfigen Direktorium der Notenbank, sind drei Posten nach zu besetzen. Die Wiederbestellung von Gouverneur Klaus Liebscher und dem Chef des Devisenhandels, Peter Zöllner, gilt als fix. Wolfgang Duchatczek, der für die Euro- einführung verantwortlich zeichnete, wurde schon 2002 um fünf Jahre verlängert.

Vizegouverneur-Nachfolge ungeklärt

So spießte es sich in den letzten Wochen vor allem um die Frage, wer Gertrude Tumpel-Gugerell als Vizegouverneur nachfolgt. Tumpel-Gugerell wechselte wie berichtet nach Frankfurt ins Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB).

Die Kandidaten, aus denen der Generalrat einen (nicht bindenden) Dreiervorschlag an die Regierung übermittelt: Als Favorit: Heinz Handler (61), Sektionschef im Wirtschaftsministerium und früherer Wifo-Experte, den Kanzler Wolfgang Schüssel seinerzeit als Wirtschaftsminister ins Ressort holte. Daneben: Bernhard Felderer, der sich auch für das Direktorium beworben hat; Grassers Hausökonom und frühere CA-Chefvolkswirt Josef Christl (51) sowie fachlich unbestritten, aber politisch nicht opportun: Ewald Nowotny (58). Nowotny, derzeit Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, war viele Jahre Finanzsprecher der SPÖ. (Michael Bachner, DER STANDARD Printausgabe, 7./8.6.2003)