Staatliche Zukunftsvorsorge: So manchem könnten versprochene Gewinne förmlich in der Hand zerrinnen.

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Wien - Auf die Kursrisiken in der neuen staatlich geförderten Privatvorsorge machte am Dienstag - unmittelbar vor dem Parlamentsbeschluss zur Reform des staatlichen Pensionssystems - die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) aufmerksam. OeNB-Gouverneur Klaus Liebscher betonte eingangs, dass er keine Kritik an der 2. oder 3. Säule der Altersvorsorge übe, er hielte es aber für unverantwortlich, nicht darauf hinzuweisen, dass dies keine "Einbahnstraße" sei. "Das ist kein Game, das immer nur Gewinne kennt."

Auf die Vermögen der Österreicher sowie die Performance von Lebensversicherern, Fonds und Pensionskassen hatten sich schon die Kursverluste an den internationalen Aktienmärkten in den vergangenen 3 Jahren "markant" ausgewirkt. Allein die privaten Haushalte erlitten in diesen drei Jahren "Bewertungsverluste" von rund 7 Mrd. Euro, errechnete die Notenbank.

Zahlreiche Risiken

Auf die möglichen Risiken auch der "Zukunftsvorsorge" weist der heute präsentierte "5. Finanzmarktstabilitätsbericht" der OeNB in durchaus scharfer Form hin. Befürchtungen, dies könnte Wasser auf die Mühlen der Gegner kapitalgedeckter Pensionssysteme gießen, weist Liebscher ebenso zurück wie Spekulationen zum "Timing" der Präsentation. Dies sei "kein Eingriff in die laufende Diskussion", so Liebscher, auch beim Timing könne er keine Rücksicht nehmen. Er warne nur davor, dass es "inhärente" Risiken gebe. "Mehr kann, soll und darf es nicht sein." Und dieses Recht nehme die OeNB als "neutrale Institution" für sich in Anspruch.

Insofern seien auch die im "Finanzmarktstabilitätsbericht" enthaltenen Feststellungen "eine Faktenbeschreibung und kein Werturteil". In Medienkreisen bei der heutigen Notenbank-Präsentation war aber bereits von einer "Gewinnwarnung" zur privaten Zukunftsvorsorge die Rede.

"Finanzökonomische Probleme"

Wörtlich heißt es in dem Bericht. "Die Konzentration der staatlichen Förderung der institutionalisierten individuellen Altersvorsorge auf ein Produkt mit einem hohen Anteil inländischer Aktien birgt ... nicht unbeträchtliche finanzökonomische Probleme in sich."

Nach geltender Gesetzeslage müssen mindestens 40 Prozent des Fondsvermögens in Aktien mit einer maximalen Börsekapitalisierung von 30 Prozent des BIP veranlagt werden. Damit gilt diese Quote wie berichtet als auf die Wiener Börse zugeschnitten.

Inlandsquote nicht unbedenklich

Und auch diese Inlandsquote ist in den Augen der OeNB nicht unbedenklich: Unabhängig von der Entwicklung des österreichischen Kapitalmarkts erschwere ein so hoher Anteil inländischer Aktien eine weitere internationale Diversifikation innerhalb dieser Assetklasse und damit würde eine effiziente Risikodiversifikation erschwert, so der Bericht.

Dass die Zukunftsvorsorge den heimischen Kapitalmarkt auf Sicht wesentlich beleben wird, zweifelt die OeNB in dem Bericht gleichfalls an: Mittelfristig erwarte die Branche aus dem begünstigten Altersvorsorgeprodukt der Zukunftsvorsorge ein Aktienveranlagungsvolumen von jährlich rund 300 Mio. Euro. Das entspreche rund 1 Prozent der Marktkapitalisierung des Jahres 2002 und 1,65 Prozent des durchschnittlichen Börsenumsatzes der letzten 10 Jahre. Resümee: "Angesichts der traditionell niedrigen Turnover-Ratio der Wiener Börse ist daher von der Zukunftsvorsorge auch mittelfristig kein wesentlicher Beitrag zur Kapitalmarktentwicklung zu erwarten". Umgekehrt sei auf Grund der niedrigen Liquidität allerdings "eine Erhöhung der Volatilität nicht auszuschließen."

"Wenig geeignet"

Und damit kommt der Bericht zum Kern: "Der gezielte Home-Bias der Zukunftsvorsorge erscheint daher wenig geeignet, das bis dato geringe Engagement der inländischen institutionellen Investoren zu kompensieren; die Konzentration der steuerlichen Förderung auf die Zukunftsvorsorge ist freilich geeignet, zu einer nicht unbeträchtlichen Risikoexponierung der individuellen institutionalisierten Altersvorsorge zu führen". Ein "Übertragungsweg" dieses Risikos auf die systemische Ebene wäre "über einen generellen Verlust des Vertrauens in Altersvorsorgeprodukte denkbar". Und der wiederum könnte sich auf die darin enthaltenen inländischen Aktien auswirken.

Laut Nationalbank wurde vom Gesetzgeber nach der letzten "Reparatur" der inländischen Aktienquote von ursprünglich 60 auf 40 Prozent den Banken eine weitere Rücknahme auf 30 Prozent in Aussicht gestellt. Auch ist die OeNB-Spitze auf Basis erster Erfahrungen mit dem Zukunftsvorsorgemodell für weitere "Evaluierungen", die freilich nicht den Vertrauensgrundsatz beschädigten dürften.

Prämienfrist verlängert

Im Rahmen der Budgetbegleitgesetze wurde die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge ebenfalls repariert. Nach der Verringerung des Aktienanteils wird nun die Frist für die Inanspruchnahme der Prämie (9,5 Prozent) von bisher 62 Jahren erhöht - bis auf den Zeitpunkt "ab Bezug einer gesetzlichen Alterspension." Damit wird eine absehbare dreijährige Lücke geschlossen.

Eine weitere Änderung betrifft die über 50-Jährigen: Sie können in Zukunft unter bestimmten Bedingungen selbst bei einer kürzeren als der Mindestlaufzeit sofort aussteigen und in die Pensionszahlung wechseln. (red/(APA)