Wien - Kritik an der am Mittwoch im Ministerrat beschlossenen Novelle zum Asylgesetz kam von Diakonie und SOS Mitmensch. Diakonie-Direktor Michael Chalupka sprach in einer Aussendung von "Augenauswischerei". Das Innenministerium habe mit der Reform die größte Schlampigkeit im bisher bestehenden Gesetz lediglich ausgebessert. An den tatsächlichen Hürden sei aber nichts geändert worden. SOS Mitmensch hielt fest, die "gravierendsten Verschlechterungen" würden bleiben.

Lediglich Anpassungen an verfassungsrechtliche Notwendigkeiten seien vorgenommen worden

Chalupka weiter: Die aus der Sicht des Innenministeriums zurückgenommenen Änderungen etwa hinsichtlich der 10-Kilometer-Grenze, der "Familien-Grundsatz" oder die Aufnahme von Einzelfallprüfungen stellten keine Überarbeitung dar, sondern seien lediglich eine Anpassung an verfassungsrechtliche Notwendigkeiten, die man sich schon vom ersten Entwurf hätte erwarten müssen. Die kritischen Eckpunkte wie etwa das Neuerungsverbot würden hingegen nun in aller Schärfe zum Tragen kommen. "Das neue Gesetz beschleunigt keine Verfahren, sondern zielt darauf ab, viele Flüchtlinge von Anfang an auszuschließen."

Kritik an "zynischen" Aussagen Grassers

Als zynisch bezeichnete der Diakonie-Direktor die Aussage von Innenminister Ernst Strasser (V), das neue Asylgesetz komme jenen 20 Prozent Asylwerbern zugute, die wirklich Schutz suchten und bedeute mehr Ehrlichkeit gegenüber jenen 80 Prozent, die keine Gründe vorbringen könnten. Dies gelte auch für Strassers selbstgestecktes mittelfristiges Ziel, mit dem neuen Asylgesetz von jenen 80 Prozent der Fälle, die keine Asylgründe vorbringen könnten, die Hälfte etwa früher klären zu können. Die Zahl der Asylanträge habe sich zwar in den vergangenen Jahren auf 36.000 verdreifacht, die Zahl der Asylanerkennungen sei mit 1.000 pro Jahr jedoch schon jahrelang konstant, so Chalupka. "Das Asylrecht war schon immer ein zentrales Grundrecht gewesen. Wenn eine Gesellschaft sich nicht daran hält, schadet sie sich selbst."

SOS Mitmensch: Erschwerung des Zugangs zum Recht

"Ein Wagen mit Totalschaden wird nicht durch das Ausbeulen von einigen Dellen fahrtüchtig", meinte SOS Mitmensch-Sprecher Philipp Sonderegger. Die gravierensten Einschnitte in rechtsstaatliche Standards, das Neuerungsverbot und die Liste sicher Drittstaaten seien im Kern nun auch in der Ministerratsvorlage erhalten. Statt den überlangen Verfahren mit mehr Qualität in der ersten Instanz zu begegnen, setze der Entwurf weiterhin auf die Verengung des Zugangs zum Recht. Dies bedeute nicht nur eine Verschlechterung der Position von Schutz Suchenden, sondern erschwere den Behörden das Zutreffen von Asylgründen festzustellen. Ein Fünftel der inhaltlich beeinspruchten Bescheide erster Instanz wären im Jahre 2002 vom Unabhängigen Bundesasylsenat aufgehoben worden. Eine Einschränkung der Berufungsmöglichkeit erhöhe die Zahl nicht sanierbarer Fehlentscheidungen, und vermindere damit die Fähigkeit des Verfahrens herauszufinden, ob eine Fluchtgeschichte der Genfer Flüchtlingskonvention entspricht.

Caritas: Küberl hofft auf Nachbesserungen

Wien (APA) - Caritas und amnesty international konstatieren zwar einige Entschärfungen im neuen Asyl-Entwurf, kritisieren aber, dass man noch lange nicht von einem guten Gesetz sprechen könne. Für amnesty-Österreich-Chef Heinz Patzelt handelt es sich um ein "Verhinderungsgesetz", Caritas-Präsident Franz Küberl meinte in einer Aussendung am Mittwoch, Innenminister Ernst Strasser (V) sehe Asylwerber weiterhin als "Sicherheitsrisiko". Er hofft noch auf Nachbesserungen.

amnesty-Österreich-Chef Patzelt sieht nach wie vor "Verhinderungsgesetz"

"Durch den enormen Druck der NGOs sind zwar die absurdesten Verfassungswidrigkeiten beseitigt worden", wichtige Punkte aber immer noch offen. Obendrein sei die Vorlage "unleserlich und unübersichtlich, insgesamt nach wie vor ein ausgesprochen schlechtes Gesetz", so Patzelt.

Küberl wies darauf hin, dass sich Österreich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet habe und sich daher daran messen sollte, wie Menschenrechte ausgebaut, und nicht wie sie eingeschränkt werden können. Der Caritas-Präsident fürchtet auch, dass die Beschleunigung zu Ungunsten des Rechtsschutzes und nicht durch eine Qualitätsverbesserung in erster Instanz erreicht wird. Wichtig sei vor allem die Beseitigung des "Neuerungsverbotes", der Schutz vor Abschiebungen, während die Berufung läuft und die gesetzliche und budgetäre Absicherung der Qualität der Asylverfahren. (APA)