Wien - Die von Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka (V) angepeilte "Zerschlagung und Privatisierung der ÖBB" unter dem Dach einer Holdingkonstruktion bringe keine Lösung, die den Titel "ÖBB-Reform" verdiene, erklärte der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl, heute Donnerstag am Rande des Eisenbahner-Gewerkschaftstages. Die neoliberalen Pläne der Regierung würden allein durch die Installierung von acht neuen Geschäftsleitungen und deren Aufsichtsorganen zu Mehrkosten von rund 8 Millionen Euro führen.

"Keine Ahnung"

Wenn Kukacka die von ihm als "Reform" verkaufte Zerschlagung des Unternehmens als "betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche und verkehrspolitische Notwendigkeit" bezeichne, dann zeige sich neuerlich, "dass er keine Ahnung von den wirklichen Geldflüssen im österreichischen Verkehrssystem hat und auch nicht weiß, was das System Schiene wirklich braucht". Allerdings sei das nicht verwunderlich, sei doch Kukacka von seiner Ausbildung her Sozialwissenschaftler.

Das von der Regierung angestrebte Holding-Modell sei allein auf die Zerschlagung und nachfolgende Privatisierung der ÖBB angelegt und bereite damit der im Rahmen der GATS-Verhandlungen angestrebten Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen den Boden. Die geplante Auslagerung der ÖBB-Arbeitnehmer in einer eigenen Personalfirma nach dem Vorbild der Telekom werde von der Eisenbahnergewerkschaft nicht nur aus prinzipiellen sozialen Gründen abgelehnt, sondern auch aus ökonomischen Gründen. "Kukacka will die ÖBB-Immobilien und die ÖBB-eigenen Kraftwerke in einer eigenen Firma ebenfalls auslagern und bei Bedarf privatisieren. Die Kosten der Personalfirma sollen letztlich aus dem Verkauf der ÖBB-Kraftwerke gedeckt werden." Außerdem laufe das Organisationsmodell Kukackas darauf hinaus, in noch größerem Ausmaß als bisher Infrastrukturinvestitionen über Schulden zu finanzieren. Dem werde die Gewerkschaft niemals zustimmen.

Erhebliche Belastungen

Wenn Kukacka die Bahn für den Wettbewerb in Europa stärken wollte, dann hätte er jeden Handlungsbedarf bei der Entlastung der Bahn von wettbewerbshemmenden Belastungen: etwa bei der Energieabgabe oder bei der Mehrwertsteuer-Belastung von Tickets, die es im Flugverkehr nicht gebe. Die ÖBB leisteten überdies höhere Arbeitgeberbeiträge als jedes andere Verkehrsunternehmen. Derzeit um 5,41 Prozent über dem Niveau der anderen Unternehmer, bis 2019 solle sich diese Mehrbelastung der ÖBB auf 8,5 Prozent erhöhen. Die Bundesregierung müsse auch endlich klar sagen, in welchen Bereichen Aufträge des Bundes an die ÖBB zurückgenommen werden und welche Verkehrsleistungen die ÖBB nicht mehr erbringen sollen. "Aber dann soll die Regierung auch klar Farbe bekennen und sagen, dass es Nachteile für die Reisenden, vor allem die Pendler, dass es höhere Bahntarife und weniger Betriebssicherheit geben wird," verlangte Haberzettl.

Insgesamt, so Haberzettl, bedeute die von der Bundesregierung beabsichtigte "Reform" eine Kostenerhöhung um wenigstens 120 Millionen Euro auf Grund der Zerschlagung der einheitlichen ÖBB und ihrer gegenwärtigen Synergieeffekte. (APA)