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Bauernhöfe mit viel agrarischer Fläche werden derzeit bei den meisten Förderungen bevorzugt - beim Agrardiesel ebenso wie bei den Betriebsprämien.

Foto: APA/Gindl

Wien - Die Grundlagen für die Pauschalierung von Landwirten sind veraltet - dies ist bekannt und sorgt insbesondere auf SP-Seite für Ärger. Schließlich haben 97 Prozent aller Landwirte dieses steuerschonende Abgabenmodell gewählt, das in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts auf Basis damaliger Einheitswerte für Grund und Boden errichtet wurde.

Doch auch bei anderen Berufsgruppen gibt es steuerliche Pauschalierung, und auch hier können die Grundlagen dazu veraltet sein, wie der Steuerexperte Werner Doralt kritisiert. Er spricht von einem exemplarischen Fall, der derzeit beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anhängig ist. Dabei geht es darum, dass sich ein Lokalbesitzer über die Gastwirtepauschalierung rund 90.000 Euro pro Jahr Steuern erspart hat. Pikantes Detail dazu: Die vom VfGH beim Finanzministerium dazu angeforderten Berechnungsgrundlagen zur Pauschalierung sind nicht mehr da. Weil die Sache schon so lange zurückliegt, wurden die Unterlagen "skartiert" , das heißt, die Akten wurden vernichtet.

Für Doralt ist dies symptomatisch für den Umgang mit Pauschalierungen, die für ungefähr 30 Berufsgruppen möglich sind und besonders bei den Landwirten für steuerliche Verzerrung sorgen.

Dabei hatte die ÖVP-Politikerin Maria Fekter in einer ihrer ersten Reden als Finanzministerin betont, dass diese ausgebaut werden solle. Denn es handle sich um ein unbürokratisches Instrument, für das Kleinunternehmer nicht viele Steuerkenntnisse benötigten und das die Finanzbeamten entlaste.

Angesichts der klammen Staatskassen ist von der Idee zu mehr Pauschalierung aus dem Finanzministerium nicht mehr viel zu hören. Trotzdem klammern sich agrarische Interessenvertretungen an Fekters Aussage, in der Hoffnung, sie können damit die Einkommenspauschalierung der Bauern retten. Ihr Argument: Das Durchschnittseinkommen der Landwirte liege sowieso nur bei 12.941 Euro netto; weitere Belastungen seien einfach nicht drin und würden das Bauernsterben beschleunigen.

"Es ist ein fundamentaler Irrtum der Funktionäre, wenn sie meinen, dass eine Steuerpauschalierung dazu dienen soll, Betriebsschließungen zu verhindern" , kontert Doralt. "Steuerpauschalierungen sind kein Steuergeschenk" . Sowieso müssen trotz der (übrigens: steuerfreien) Agrarförderungen in Milliardenhöhe viele Landwirte aufgeben. Die Zahl der Betriebe sank von knapp 290.000 im Jahr 1990 auf unter 190.000.

Dass im Spannungsfeld Landwirt und Steuern Bewegung angesagt ist, ist auch Bauernbundpräsident Jakob Auer (ÖVP) klar. Um die Neiddiskussion abzudrehen, pusht er eine neue Einheitswertfestellung. "Da wird es Gewinner und Verlierer geben" , sagte er kürzlich. Ein Konzept für eine neue Einheitswertfeststellung wurde dem Finanzministerium vorgelegt. Diese Feststellung ist wichtig bei der die Festsetzung von Grundsteuern und muss nach einem VfGH-Urteil vom Sommer des Vorjahres sowieso im Laufe des heurigen Jahres auf neue Schienen gestellt werden.

Das Steueraufkommen, das die Bauern, die zu 40 Prozent im Haupt- und 60 Prozent im Nebenerwerb werken, leisten, ist jedenfalls denkbar gering und betrug im Jahr 2009 rund 93 Millionen Euro. Davon entfielen 30 Millionen Euro auf die Einkommenssteuer, 27 Millionen auf die Grundsteuer A und 20 Millionen Euro auf die Abgabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Zum Vergleich: Die gesamte Einkommenssteuer 2009 betrug 2,60 Milliarden Euro; der Bauernanteil machte nur 1,2 Prozent aus. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2012)