Washington - Israel hat nach Einschätzung von US-Präsident Barack Obama noch keine konkreten Pläne für einen Angriff auf den Iran gefasst. "Ich glaube nicht, dass Israel eine Entscheidung getroffen hat", sagte Obama am Sonntag (Ortszeit) in einem Interview des US-Fernsehsenders NBC. Bis sich der Iran aber von seinem Atomprogramm abwende, "wird Israel sehr besorgt sein, wie wir auch".

US-Verteidigungsminister Leon Panetta geht laut einem Bericht der "Washington Post" von einer "starken Wahrscheinlichkeit" aus, dass Israel den Iran im April, Mai oder Juni angreift. Damit wolle Israel verhindern, dass der Iran Atomwaffen fertigstelle und für israelische Angriffe unerreichbare unterirdische Uranlager anlege.

Diplomatie sei immer noch die "bevorzugte Lösung" des Atomstreits, betonte Obama in dem NBC-Interview. "Wir werden sicherstellen, dass wir (die USA und Israel) im Gleichschritt vorgehen und eine Lösung finden, hoffentlich auf diplomatische Weise." Es müsse verhindert werden, dass es zu einem nuklearen Rüstungswettlauf in einer instabilen Weltregion komme. Der Präsident wiederholte jedoch die Haltung der US-Regierung, wonach weiterhin keine Option vom Tisch sei.

Obama: Internationaler Druck wirkt

Obama zeigte sich überzeugt, dass der internationale Druck auf den Iran wirke. Die iranische Regierung müsse lediglich glaubhaft darlegen, dass sie eine friedliche Nutzung der Atomkraft anstrebe und keine militärische.

Die internationale Gemeinschaft sei in beispielloser Weise mobilisiert worden, und die scharfen Sanktionen gegen den Iran zeigten bereits Wirkung. "Sie fühlen den Druck", sagte Obama. Zugleich wies er Befürchtungen zurück, der Iran könne mit einem Angriff auf die USA auf die Sanktionen reagieren. Ein solcher Angriff sei unwahrscheinlich.

Der Iran hatte am Sonntag für den Fall einer Attacke mit Vergeltungsschlägen gedroht. Man werde jedes Land angreifen, von dessen Staatsgebiet aus Feinde einen Angriff starteten, sagte der stellvertretende Kommandant der Revolutionsgarden, Hossein Salami, der iranischen Nachrichtenagentur Fars.

Netanyahu will Stärke zeigen

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte unterdessen an, Israel werde angesichts der Umwälzungen im Nahen Osten weiter eine Politik der Stärke verfolgen. "Wir haben die Äußerungen des iranischen Herrschers über die Zerstörung Israels gehört, wir haben gesehen, wie die syrische Armee das eigene Volk abschlachtet, und andere blutige Vorfälle in unserer Region", sagte der Regierungschef zu Beginn der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem.

Israels Außenminister Avigdor Lieberman will während seines bevorstehenden Besuchs in den USA nach Informationen aus seinem Büro für einen Sturz des Ayatollah-Regimes im Iran werben. Bei seinen Gesprächen in Washington wolle er außerdem klarstellen, dass aus Sicht Israels die bisherigen Sanktionen gegen den Iran nicht ausreichen.

Der Iran steht im Verdacht, nach Atomwaffen zu streben. Die Islamische Republik bestreitet das. Die EU hat kürzlich ein Ölembargo gegen den Iran beschlossen. (APA/Reuters)