Das schwächt die Kleinen natürlich am meisten. Die Kinder brauchen sauberes Trinkwasser, damit sie die Nahrung behalten und aufnehmen können.
Die Versorgung mit Trinkwasser ist daher auch eines der zentralen Themen der Rotkreuz-Arbeit im Irak. Nach wie vor sind unsere Teams an der Reparatur von Wasserwerken, Abwassersystemen und Kanälen beteiligt. Aber wir leben hier in einer Fünf-Millionen-Metropole, in der Einzelaktionen schnell wie Tropfen auf heiße Steine verpuffen. Diese Probleme müssen generell angegangen werden, eine funktionstüchtige Struktur in der Stadtverwaltung muss wieder eingezogen werden.
Das gilt auch für die Versorgung mit Lebensmitteln. Angeblich sind vor dem Krieg von der Regierung noch Extrarationen aus dem Oil-for-Food-Programm der UNO an Spitäler und die Bevölkerung ausgegeben worden. Diese Vorräte gehen langsam zur Neige, obwohl genügend Lebensmittel im Land sind. Manche Krankenhäuser fragen bei uns um Unterstützung an und wir springen als Überbrückung ein, solange die Verteilung aus dem neuen UNO-Programm noch nicht flächendeckend funktioniert.
Inzwischen ist das Rote Kreuz im ganzen Irak tätig, es gibt keine Gebiete mehr, wo wir nicht hinkämen. Wir besuchen laufend die Spitäler, nehmen ihre Bedürfnisse auf und beliefern sie entsprechend.
In der Wiederherstellung der öffentlichen Administration wechseln sich Fortschritt und Rückschritt ab. Zum Beispiel gab es vor dem Krieg eine zentrale Verteilerstelle für Medikamente, die jetzt wieder in Betrieb ist. Doch obwohl die Lagerhäuser so voll sind, dass die Medikamente teilweise bei über 40 Grad im Freien gelagert werden, fragen die Spitäler bei uns um Hilfe an.
Ein Grund dafür ist, dass auch das Management in den Krankenhäusern jetzt ausgewechselt wird und die neuen Leute oft nicht wissen, wie das frühere System funktioniert hat. Manchmal müssen unsere Mitarbeiter den Spitälern erklären, wie ihr eigenes Distributionsverfahren funktioniert. Es mangelt also immer noch an einer Basisadministration im Land, die dringend wieder hergestellt werden muss.
Im Stadtbild fällt auf, dass wesentlich mehr Polizei präsent ist. Der Verkehr wird wieder geregelt. In der Nacht ist es in manchen Gegenden ruhiger, was aber nicht heißt, dass es sicherer ist. Das Banditentum scheint zurückzugehen, zumindest spüre ich es nicht mehr so stark. Auf der anderen Seite gibt es immer noch genug Stadtviertel, in die wir auch tagsüber nicht gehen können, weil es zu gefährlich ist. Immer wieder aufflammende Kämpfe machen die Straßen außerhalb der Stadt sehr unsicher. Die Situation bedeutet für uns Rotkreuz-Menschen strikte Ausgangssperre. Das ist aber auch gut, denn man ist ganz froh, wenn es dunkel ist und man ist zuhause.