Der einzige Leitartikler, der das Sparpaket uneingeschränkt lobte, war "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner. Das sollte skeptisch machen.

Tatsächlich ist der nun bekannte Konsolidierungspfad, auf den die Österreicher geschickt werden, eine Pflichtübung dieser Koalition. Zwar mit viel Pathos und Show präsentiert, aber letztlich die eben nötige Impfung für Österreich gegen die europäische Krisenansteckungsgefahr. Der demonstrative Konsens ("Lieber Michael", "Lieber Werner"), den die Regierungsspitzen am Freitag an den Tag legten, war zwar bloß Polit-Marketing, dennoch wirkte er wohltuend. Dass ein relativ rasches Ergebnis vorlag, war bereits mehr, als viele von dieser Regierung noch erhofften.

Dass Kanzler, Vizekanzler und ihre Statthalter im Parlament staatstragend-stolze Mienen zeigten, kann aber nicht über die Ausbaufähigkeit des Sparpakets hinwegtäuschen. Bernhard Felderer, Chef des Instituts für Höhere Studien, brachte es auf den Punkt: "Auf der Ausgabenseite haben wir eine einzige Strukturmaßnahme, die Pensionsversicherung." Die Regierung verteilte die Lasten recht gleichmäßig und mahnt alle zum braven Sparen. Überall wird ein bisschen etwas weggezupft, alles ganz passabel. Die Gelegenheit zu Strukturreformen ließen Werner Faymann und Michael Spindelegger aber verstreichen.

Das Publikum sieht den altbekannten, ermüdenden Große-Koalitionsritus: Nimmst du meinen Eisenbahnern, nehm' ich deinen Bauern! Sollen die schwarzen Beamten zurückstecken, müssen das auch die roten! Gleiches bei Pensionisten.

Und auch wenn nun vieles passiert ist, muss man sich fragen, warum diese Regierung - 2008 im Zeichen der Krise angetreten - immer zaudert, bis ihr keine Wahl mehr bleibt. Von ihren - unfreiwilligen, von außen gebotenen - Spar-Missionen klingen den Österreichern noch die Klausur-Domizile im Ohr: Loipersdorf und Semmering. Sie stützen das Bild einer Wellness-Regierung, die ihre Wähler solange in warmem Wohlbehagen abwarten lässt, bis ihr keine Wahl mehr bleibt, als zu handeln. Die Gebote dieses Handelns heißen dann Schuldenbremse und AAA-Bonität.

Bei der Nationalratswahl 2013 könnte der nun zur Schau gestellte Konsolidierungswille jedoch unbelohnt bleiben. ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf lobte den Reformeifer am Freitag mit den Worten: "Mit diesen Maßnahmen schafft man sich nicht überall Freunde." Das könnte für SPÖ und ÖVP noch zur unbequemen Wahrheit werden. Das ohnehin unzufriedene Wahlvolk wird die verspätete Konsolidierung kaum mit lautem Hurra in der Wahlzelle bejubeln. Glaubt man den Umfragen, wird die SPÖ nur mehr knapp vor der FPÖ liegen, und sollten die ÖVP-Strategen die Nerven wegwerfen und Spindelegger à la Wolfgang Schüssel sagen, er gehe als Dritter in Opposition, wäre das Land 2013 tatsächlich unregierbar.

Ironischerweise lag es diesmal wirklich nicht am fehlenden Willen in SPÖ und ÖVP, dass man beim Sparpaket nicht ambitionierter war, sondern daran, dass sich die beiden (noch) großen Parteien gar nicht näher kommen können, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Insofern war dieser zuweilen doch recht kleinkarierte Abtausch von Sparideen das Beste, was die Große Koalition zu leisten imstande ist. Für viele Wähler womöglich nicht gut genug. (derStandard.at, 13.2.2012)