Straßburg - Die Grüne Europaparlamentarierin Ulrike Lunacek wird "ziemlich sicher" eine Beschwerde beim ungarischen Medienrat einlegen. Grund dafür sind wüste Beschimpfungen des ungarischen Publizisten Zsolt Bayer, die von einem Blogger kolportiert wurden. Bayer soll Lunacek in seiner Sendung "Korrektura" des Fernsehsenders Echo TV offenbar als "gehirnamputierte, an Krätze leidende Idiotin" bezeichnet haben. Hannes Swoboda, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im EU-Parlament, forderte zu Beginn der Parlamentssitzung am Montagnachmittag in Straßburg eine Prüfung der Anschuldigungen durch das Parlament.

Äußerungen zu Pro-Orbán-Demonstration

Hintergrund für Bayers Beleidigungen dürften Lunaceks Äußerungen zu einer Sympathiedemonstration für die ungarische Regierung sein, die am 21. Jänner in Budapest stattfand. Lunacek hatte während der Sitzung des Innenausschusses des Europaparlaments am vergangenen Donnerstag in Brüssel auf antisemitische und EU-feindliche Parolen auf den Transparenten des "Friedensmarsches" hingewiesen und diese verurteilt.

Orbán-Freund beschimpfte auch Kroes

Zsolt Bayer, persönlicher Freund des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán und einer der Hauptorganisatoren der Demonstration, dementierte dies und erklärte, dass die Aussagen Lunaceks eine "ganz gemeine Lüge aus dem Mund eines ganz gemeinen Schweines" seien, wie ein ungarischer Blogger auf seiner Website berichtete. Demnach wetterte Bayer in "Korrektura" auch gegen die für digitale Medien zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes und bezeichnete diese als "unglücklich" bzw. "bemitleidenswerte Idiotin". Sie hatte am Donnerstag die Medienpolitik in Ungarn heftig kritisiert.

"Ich überlege ernsthaft, eine Beschwerde beim Medienrat einzulegen", erklärte Lunacek. Die EU-Abgeordnete zeigte sich empört über die Beschimpfungen und vermutete dahinter eine Antwort auf die "Kombination" ihrer Äußerung während der Sitzung am Donnerstag. Lunacek hatte dabei auch erneut ein Verfahren nach Artikel 7 gegen Ungarn gefordert. Dazu könnte es kommen, wenn Ungarn nicht rechtzeitg und zufriedenstellend auf drei von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren reagiert.

Swoboda: "Unerträgliche Sitten"

Swoboda forderte vom EU-Parlament, der "Art und Weise, wie Kollegin (Ulrike) Lunacek hier dargestellt wird, nachzugehen" und "wenn es nötig ist, auch die Ehre von Frau Lunacek in diesem Haus zu verteidigen". "Es reißen hier Stitten ein, die absolut unerträglich sind", betonte der Fraktionsvorsitzende.

Parlamentspräsident Martin Schulz sicherte eine Prüfung der Aussagen zu. Er werde gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen und auch Kontakt mit EU-Kommissionpräsident Jose Manuel Barroso aufnehmen, um möglicherweise ähnliche Maßnahmen "zum Schutze" von Kommissarin Kroes einzuleiten. (APA)