Bratislava - Die Slowakei hat die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für ein geplantes Atommüll-Zwischenlager beim Atomkraftwerk Jaslovske Bohunice (beim westslowakischen Trnava) gestartet. Die zuständige Behörde ist das slowakische Umweltministerium, wobei das Verfahren nach slowakischem Recht auch unter Beteiligung Österreichs durchgeführt wird. Projektwerberin ist die vom Staat kontrollierte Gesellschaft JAVYS (Jadrová a vyrad'ovacia spolocnost', a.s.) mit Sitz in Bratislava.

Der Zweck des Bauvorhabens ist die Zwischenlagerung von festen, durch Einsatz von verschiedenen Technologien aufbereiteten radioaktiven Abfällen, die aus der Außerbetriebsetzung von Kernanlagen am Standort Jaslovske Bohunice entstehen. Die Zwischenlagerung soll bis zu dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem sie zum Ort ihrer Endlagerung transportiert werden können.

Genauer Ort steht noch nicht fest

Das Gebäude des Integrallagers für radioaktive Abfälle ist als Lagergebäude für Packungen mit festen oder verfestigten radioaktiven Abfällen bestimmt, die auf der Oberfläche der Verpackung oder deren Abschirmung eine Äquivalenzdosisleistung von weniger als 10 mSv/Stunde (Milli-Sievert pro Stunde) aufweisen.

Für genauen Ort des Zwischenlagers gibt es zwei Varianten: direkt in einem Gelände von JAVYS in Jaslovske Bohunice (Variante 1) oder "in engem Kontakt" mit diesem Gelände (Variante 2). Früher war auch über eine dritte Variante die Rede, die mit einer Einrichtung des Zwischenlagers beim Atomkraftwerk Mochovce rechnete. In dem Bericht, mit dem JAVYS um die UVP ersucht, wird diese aber nicht mehr erwähnt. Die bebaute Fläche des Zwischenlagers sollte etwa 7.600 Quadratmeter sein, wobei die eigene Lagerkapazität etwa 6.050 Quadratmeter betragen soll.

Slowakei rechnet mit Ausbau der Atomindustrie

Die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner, kritisierte das Vorhaben der Slowakei, das etwa 60 Kilometer von der österreichischen Grenze realisiert werden soll. "Wir wollen kein Atommülllager an Burgenlands Grenze" betonte sie.

Trotz des angekündigten Ausstiegs mehrerer EU-Länder aus der Atomkraft rechnet die Slowakei, die etwa die Hälfte des Stroms aus atomaren Quellen produziert, mit einem Ausbau ihrer Atomenergie-Industrie. Heuer bzw. 2013 sollten ein dritter und vierter Block im Atomkraftwerk Mochovce fertiggestellt werden, wo bereits zwei Druckwasserreaktoren VVER mit Leistung von je 470 Megawatt seit 1998 bzw. 1999 im Betrieb sind. Die zwei neuen Blöcke sollten eine Kapazität von je 800 Megawatt haben.

Der Bau des 3. und 4. Blocks in Mochovce begann bereits 1987, wurde aber nach fünf Jahren wegen Geldmangels gestoppt. 2008 wurden jedoch die Bauarbeiten trotz der Proteste Österreichs wieder aufgenommen. Vieles deutet darauf hin, dass die Reaktoren termingerecht fertiggestellt werden. Im Block 3 wurde bereits die Turbine installiert. "Eine erfolgreiche Installierung der Turbine bestätigt, dass wir auf gutem Wege sind, Mochovce laut dem festgelegten Plan zu vollenden", kommentierte der Chef der Betreiberfirma Slovenske elektrarne SE (gehört zu zwei Dritteln dem italienischen ENEL, Anm.) Paolo Ruzzini. Die Wiener Landesregierung etwa versuchte den Ausbau von Mochovce zu stoppen, allerdings ohne Erfolg.

Ausbaupläne gibt es auch für das ältere, slowakische Atomkraftwerk Jaslovske Bohunice, wo derzeit zwei Blöcke (Teil V2) aus den 80er Jahren betrieben werden - jeder mit einer Leistung von 470 Megawatt. Zwei andere Blöcke (Teil V1) musste die Slowakei 2006 bzw. 2008 auf Druck Österreichs als Bedingung für den EU-Beitritt abschalten.

Regierungschefin: "Atomreaktoren sind sicher"

An der Stelle des abgeschalteten V1 will die Slowakei nun ein neues Atomkraftwerk bauen. Es soll sich um ein bis zwei Reaktoren mit einer Gesamtleistung von 1.700 Megawatt handeln. Laut früheren Plänen sollte die neue Anlage bis 2020 fertig sein, im vergangenen Jahr erklärte jedoch die Chefin der slowakischen Atombehörde (UJD), Marta Ziakova, dass das Projekt sich mindestens um fünf Jahre verzögern werde. "Wir rechnen nicht mit der Inbetriebnahme vor 2025", sagte Ziakova. Der Grund sei eine Verspätung der Realisierbarkeits-Studie sowie neue Sicherheitsforderungen der EU, hieß es.

Die Slowakei betont, dass ihre Atomreaktoren sicher seien - so auch Regierungschefin Iveta Radicova im Mai 2011 bei einem Besuch in Jaslovske Bohunice, wo 500 Mio. Euro in eine Verbesserung der Sicherheit dieses Kraftwerkes investiert werden sollen. "Alle Schritte in Richtung Sicherheit wurden so realisiert und weitere sind so geplant, damit wir (in den Stresstests) die besten Ergebnisse in der EU erzielen", sagte Radicova damals.

Die Ergebnisse der Stresstests, die die Slowakei selbst durchführte, zeigten laut dem Anfang 2012 veröffentlichten UJD-Eigenbericht, dass Mochovce und Jaslovske Bohunice keine Mängel aufweisen, die unverzügliche Maßnahmen im Bereich der Sicherheit erfordern. Außerdem gebe es in der Slowakei und deren Umgebung keine tektonischen Brüche, die extreme Erdbeben herbeiführen könnten wie jene im japanischen Fukushima. Ausgeschlossen sind laut UJD auch Überschwemmungen. (APA)