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Shakespeare als Klappmaulpuppe mit Halskrause - geführt von Puppenspieler Nikolaus Habjan im Burgtheater.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Eine Klappmaulpuppe gibt dazu den Elisabethaner.

Wien - Die Innervillgratener Musicbanda Franui hat das Burgtheater geentert. Dass es dabei um die rätselhafte Liebeslyrik in William Shakespeares Sonetten ging, geriet bei der Premiere am Mittwoch zur Nebensache. Die Verse der 18 handverlesenen Gedichte blieben aufgrund des Altenglischen (sporadisch übersetzt) oft unverständlich, oder sie schmolzen im tiefen Gefühl des Gesangs dahin.

Dieser sinnlich-vergnügliche Abend mit dem Titel Fool of Love ist eher ein als Shakespeare getarntes, tadelloses Konzert, in dem eine Klappmaulpuppe gern ihren Senf dazugibt. Dieser ausgemergelte fahle Eierkopf von einem Mann ist auf der Burg-Rampe die Hauptfigur: ein in die popmusikalische Gegenwart gezerrtes elisabethanisches Geschöpf mit tristem Gesichtsausdruck (Shakespeare selbst oder eine seiner Figuren). Die feinsinnigen, anrührenden wie aufregenden Kompositionen von Karsten Riedel und dessen so imposant wie seine Elvis-Koteletten wirkende Stimme versetzen die aus der Zeit gefallenen Puppe bald in Stimmung.

Selten, dass ein Untoter im Burgtheater so viel Aufmerksamkeit bekommt. Mit wenigen Bewegungen verwandelt Puppenspieler Nikolaus Habjan den Ausdruck seiner Klappmaulfigur von Entsetzen in Ergriffenheit. Ein Gesicht, das sich im Kontext der jeweiligen Musik zu wandeln scheint (Leitung: Michael Schachermaier und Matthias Hartmann).

Der Wert des Abends liegt in der sinnlichen Verschmelzung dieses Puppenspiels mit der Musik und den Stimmen der singenden Schauspieler: Sunnyi Melles trippelt als elisabethanische Königin vorbei, Nicholas Ofczarek intoniert einen waschechten Heribert Sedlacek, Tilo Nest und Johannes Krisch huldigen der "dark lady", auch Dörte Lyssewski singt.

Sänger und Komponist Karsten Riedel ist zu einer veritablen Kraft am Burgtheater geworden; Fool of Love ist dort sein fünfter, bisher größter Beitrag zu einem Theater, das seine Ränder erkundet. Und das Burgtheater hat mit diesem herzenswarmen Theaterkonzert eine handliche Verschubmasse in bester Nachfolge der Franz-Wittenbrink-Liederabende.  (Margarete Affenzeller  / DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2012)