Wien  - Die geplanten Neuerungen bei der Immobilienbesteuerung sind für den Steuerrechtsexperten Werner Doralt ein "Kniefall vor den Bauern". Der Steuersatz von 25 Prozent für Umwidmungsgewinne und Wertsteigerungen in der Landwirtschaft ist ihm zu gering, zumal dafür an anderer Stelle die Steuer sogar heruntergesetzt werde: Rechnungslegungspflichtige Unternehmen, die bisher ihre Veräußerungsgewinne aus Grund und Boden mit dem Normalsatz bis zu 50 Prozent versteuert hätten, sollen künftig nur mehr 25 Prozent zahlen, so Doralt am Sonntag gegenüber der APA in einer Stellungnahme zum Sparpakets-Begutachtungsentwurf.

"Richtig wäre gewesen, solche Gewinne genauso wie andere Wertsteigerungen im Betriebsvermögen generell mit dem Normalsteuersatz zu versteuern." Hätte man dies schon immer - also auch bei den Bauern - getan, gäbe es "rein rechnerisch" keine Budgetkrise, konstatierte Doralt. Mit dem 25-prozentigen Steuersatz werde "ein Wahrheit ein Landwirteprivileg" für die nächsten 100 Jahre festgeschrieben, meint der Universitätsprofessor.

Kritik an Pauschalierung

Auch puncto Einkommensteuer schießt erneut Doralt scharf auf die Agrarier - und das ÖVP-geführte Finanzministerium: Es sei anmaßend, "wenn Bauernfunktionäre die Meinung vertreten, es sei das angeborene Recht der Bauern, keine Einkommensteuer bezahlen zu müssen." Ein Dorn im Auge ist dem Experten insbesondere die Steuerpauschalierung für Landwirte. Derzeit verdoppelten und verdreifachten nämlich Großbetriebe durch Betriebsteilungen ihre Pauschalierungsgrenzen - "ohne dass das Finanzministerium durch eine Änderung der Pauschalierungsverordnung dies verhindert".

Laut Doralt gibt es eine verfassungsrechtliche Lücke, die es de facto ausschließe, die aus seiner Sicht gesetzeswidrige Pauschalierung beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anfechten zu können. "Diese Lücke nützen die Finanzminister aus, wenn sie die Pauschalierung - rechtsmissbräuchlich - ausdrücklich zur 'steuerlichen Entlastung' der Landwirte verwenden", so Doralt. Im Gesetz sei jedoch von einer solchen Entlastung keine Rede, es biete nur die Basis für eine Gewinnpauschalierung.

Im Jahr 2010 hatte Finanzminister Josef Pröll überraschend die Steuerpauschalierungsgrenze für Landwirte von 65.000 auf 100.000 Euro angehoben.

Andere Steuerpflichtige würden im Gegenzug zu stark belastet, so Doralt. Er moniert, dass in Zukunft auch beim Verkauf von Zweit- und Vorsorgewohnungen Steuern anfallen. "Nur der Hauptwohnsitz ist ist steuerfrei, das kann aber auch das Schloss am Wörthersee sein, während die Garconniere der verstorbenen Eltern steuerpflichtig ist", ätzt der Steuerrechtsexperte. Erneut kritisierte er auch den sogenannten Solidarbeitrag für Spitzenverdiener. Dies treffe effektiv nur Unselbstständige, denn Unternehmen mit Gewinnen ab 180.000 Euro seien meist als Kapitalgesellschaften organisiert und von der Steuererhöhung gar nicht betroffen. (APA)