Fast könnte man mit den Beschäftigen im öffentlichen Dienst Mitleid bekommen. Sie müssen für dieses Sparpaket, das jetzt unter dem Titel " Stabilitätsgesetz" in Begutachtung geschickt wird, beitragen wie keine andere Berufsgruppe. Das Erstaunlichste daran: Aus der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst ist zwar von einem gewissen Fritz Neugebauer ein verärgertes Grummeln deutlich vernehmbar, aber es gibt kein striktes Njet. Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst ist nicht nur in Verhandlungen, sie lässt auch mit sich reden.

Das ist kaum zu glauben.

Was den Beamten droht:

  •  2013 wird es eine Nulllohnrunde geben, im Jahr darauf eine moderate Erhöhung.
  •  Der Bund kürzt seinen Zuschuss zur Krankenversicherung der Beamten und spart sich damit bis 2016 wahrscheinlich 540 Millionen Euro. Die dermaßen leergeräumte Beamtenversicherungsanstalt könnte in Folge ins Defizit rutschen.
  •  Der Versetzungsschutz für öffentlich Bedienstete fällt: Sie können künftig quer durch die Ministerien und auch darüberhinaus herumgeschoben werden, auch wenn sie dabei Lohnkürzungen hinnehmen müssten.

Und Fritz Neugebauer ist (noch) nicht auf den Barrikaden.

Natürlich lassen sich all diese Maßnahmen vernünftig argumentieren und vertreten. Dass auch Beamte flexibel sein müssen, ist einsichtig. Sie müssen auf andere Arbeitsplätze zugeteilt werden können. Vor allem auch dann, wenn es in dem einen Ministerium, etwa dem Verteidigungsministerium, einfach keine entsprechenden Jobs mehr gibt. Und wenn es einen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst gibt, wird man auch innerhalb eines Ressorts die Beschäftigen umschichten müssen, ohne das mit jedem einzelnen auszudiskutieren oder auf Geschäftsordnungstricks zurückgreifen zu müssen.

Das macht Sinn, selbstverständlich ist das aber nicht. Jahrzehntelang hat sich die Gewerkschaft dagegen gewehrt und in manchen Ministerien trieb der Versetzungsschutz skurrile Blüten. Dass sich die Beamtengewerkschaft hier nicht nur ein paar Zentimeter bewegt, sondern sich selbst gleichsam als Berg versetzt, ist wirklich ungewöhnlich und sollte durchaus auch anerkannt werden.

Das Leerräumen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ist eher ein Taschenspielertrick des Bundes: Er holt sich Geld, wo eben eines vorhanden ist. Indem die Rücklagen der Beamten ausgeräumt werden, wird letztendlich aber eine Versicherung dafür bestraft, dass sie ordentlich wirtschaftet. Leistung muss sich lohnen? Offenbar nicht immer für den, der sie erbracht hat.

Am leichtesten lässt sich die Nulllohnrunde argumentieren. Die öffentlich Bediensteten verdienen in der Regel gut und besser als andere Berufsgruppen, bei den Lohnerhöhungen in der Vergangenheit wurden sie brav bedacht. Außerdem können sie darauf zählen, sichere Jobs zu haben. So gesehen war es richtig, den öffentlich Bediensteten im Zuge eines Sparpakets einen Beitrag abzutrotzen.

Dass die Beamtengewerkschaft, die sich ihren Ruf als Heimstätte der " Betonschädeln" redlich erarbeitet hat, Einsicht zeigt, kam aber doch überraschend. Jetzt liegt es an der Regierung, das Herumzupfen am öffentlichen Dienst zu beenden und endlich eine ordentliche Dienstrechts- und Besoldungsreform umzusetzen. Das haben sich die Beamten verdient. (DER STANDARD Printausgabe, 20.2.2012)