Die Experten sehen im Gegensatz zur Regierung bei der Pensionsreform keinen "großen Wurf"

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Wien - Pensionsexperten sind zwar über die Details der gestern von ÖVP und FPÖ im Nationalrat beschlossenen Reform nicht einer Meinung. Die generelle Beurteilung lässt sich zusammenfassen als ein Schritt in die richtige Richtung, aber kein großer Wurf. Angesichts der politischen Verhältnisse sei an einen "großen Wurf" nicht zu denken gewesen, meinte Alois Guger vom Wifo Donnerstag im Ö1-"Mittagsjournal". Der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal beklagte, dass im Interesse der "zweifellos notwendigen" Abfederungen für pensionsnahe Menschen "der jüngeren Generation nicht unerhebliche Lasten auferlegt" worden seien.

Deckelung

Abfederungen wie die Decklung der Verluste mit zehn Prozent sowie längere Übergangsfristen halten die Experten zwar für verständlich, sie sehen sie aber auch als Problem für die Reform. Die Deckelung sei politisch und psychologisch klug gewesen, meinte Bernd Marin. Aber sachlich sei sie "natürlich problematisch", vor allem wenn sie zur Dauerlösung würde, wäre das "ein großes Problem", meint Marin. Für Guger ist die Deckelung - die "das Ärgste verhindern sollte" - eine "unbefriedigende Lösung". Es würden alle über einen Kamm geschert, z.B. Frauen mit Kindern oder Frauen, die freiwillig Teilzeit arbeiten.

Tomandl: Unsystematische Abfederungen

Theodor Tomandl, der Leiter der von der Regierung eingesetzten Pensionsreform-Kommission, sieht die "Vielzahl teils unsystematischer Abfederungsmaßnahmen" als Schwachstelle der Reform. Mazal hält die Zehn-Prozent-Deckelung für ein "längerfristiges Problem für die gesamte Reform".

Divergierende Meinungen zur Beamten-Deckelung

Dass die Deckelung zuletzt auch für den Öffentlichen Dienst übernommen wurde, begrüßen die beiden Universitätsprofessoren allerdings. Es wäre doch politisch schwer gewesen, im ASVG-Bereich entgegenzukommen, im Öffentlichen Dienst nicht, meinte Tomandl. "Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen" sei es nötig gewesen, auch die Pensionsverluste der Beamten zu deckeln, stimmte ihm Mazal zu.

Ganz anders sieht das Marin: Für ihn ist die Deckelung im Beamtenbereich "der Kardinalfehler" - und "extrem unsozial". Die Pensionsprivilegien des Öffentlichen Dienstes - mit "in extremis 50prozentigen Überzahlungen gegenüber der Privatwirtschaft" - würden damit fortgesetzt. Das sei "unbegründbar und unleistbar". (APA)