"Sechzig Prozent des österreichischen Printmarktes haben fusioniert. Die restlichen 40 Prozent konkurrieren zudem untereinander." Mit diesen Worten beschreibt Oscar Bronner, seines Zeichens Herausgeber, Verleger und Chefredakteur der Tageszeitung DER STANDARD in Personalunion, seine pessimistische Sicht auf den österreichischen Medienmarkt. Am Wiener Institut für Publizistik nahm Bronner am 6. Juni 2003 Stellung zur Krise des heimischen Journalismus.

Bronner kritisiert österreichische Medienlandschaft

Heftige Kritik übt Bronner im Rahmen der Vortragsreihe "Journalismus in der Krise: Ein Diskurs mit den 'Elder Statesmen' des österreichischen Journalismus" an der Medienkonzentration, wie sie in Österreich heute zu finden ist. Die Vereinigung verschiedener Printmedien zu einem marktbeherrschenden Riesen verhindere guten Journalismus und übe ökonomischen Druck auf die kleineren Mitbewerber aus, so der Gründer der Magazine "Trend" und "profil".

Die Verurteilung dieser Fusion im STANDARD verteidigt Bronner; schließlich versuche man, illegale Vorgänge aufzudecken. Bei der Entstehung des Medienkonzerns "sind die Gesetze wie in einer Bananenrepublik ausgehebelt worden". Und auch wenn News und Co. durch "verleumderische wirtschaftliche Berichte die Zeitung mundtot" zu machen versuchten, werde DER STANDARD die Berichterstattung über die "Fusionitis in der heimischen Medienlandschaft" fortsetzen.

"Halten Sie sich die Nase zu und blättern Sie das 'TV Media' durch"

Dass das "Machtkonglomerat", wie Bronner es bezeichnete, von ORF-Kritik verschont bleibe, führt er auf die "fast schon unzüchtige" Kooperation zwischen der Rundfunkanstalt und dem Medienkonzern zurück. Als Beispiel nannte Bronner die Programmzeitschrift "TV Media", deren Durchblättern er nur mit zugehaltener Nase empfiehlt.

Ihren Ursprung hat die aktuelle Situation laut Bronner bereits in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach dem Abzug der Alliierten versäumte man es, eine unabhängige Medienlandschaft zu errichten. Der große Einfluss der Politik und Interessengruppen machte die Medien zu einem "Instrument der Machtausübung", wie es dem STANDARD-Chefredakteur zufolge auch heute noch viel zu oft der Fall ist.

Vorbild USA

Bronner selbst bevorzugt vielmehr die Prämisse der "Machtkontrolle durch die Medien". Als positives Vorbild diesbezüglich bezeichnet er die USA. Vor allem bei der Entflechtung der Medienlandschaft soll sich Österreich ein Beispiel nehmen. In den Vereinigten Staaten gebe es keine Medienkonzentration in dieser Form, der Journalismus sei im Gegensatz zu Österreich noch vermehrt der Wahrheit verpflichtet.

Im Falle der "New York Times", bei der es erst kürzlich einen Skandal um erfundene Stories gegeben hatte, traten als Reaktion darauf die beiden Chefredakteure zurück. So etwas habe und hätte es in Österreich nie gegeben, so Bronner, obwohl "falsche Geschichten täglich und erlogene Geschichten bei Wochenmagazinen regelmäßig erscheinen."

Der Journalist als Unternehmer

Bei seiner eigenen Zeitung pocht der STANDARD-Herausgeber auf Unabhängigkeit, auch wenn "die Luft immer dünner wird" – einerseits aufgrund der Medienkonzentration, andererseits wegen der allgemein schwierigen Wirtschaftslage. Diese habe auch den STANDARD zu "schmerzhaften Sparmaßnahmen" gezwungen, man habe sich auf eine "lange Durststrecke" eingestellt.

Hinter dem Journalisten Bronner verbirgt sich aber auch ein Unternehmer. Als solcher fordert er von einem Mitglied der Redaktion neben Unabhängigkeit vor allem Engagement und Ambitionen. So sollte sich ein guter Journalist bis spätestens 40 für eine leitende Stelle qualifiziert haben, da er trotz seiner Erfahrung durch die tarifvertraglichen regelmäßigen Gehaltserhöhungen als Journalist unrentabel wird.

Von diesen Worten solle sich ein angehender Publizist allerdings nicht abschrecken lassen, so Bronner: "Ein guter Journalist wird auch immer einen guten Job finden." Als versöhnlichen Abschluss forderte er die versammelten Studenten auf, für den Berufswunsch "Journalist" vor allem eins zu sein: neugierig!