Brüssel - Was ist ein Konsens? Im Brüsseler Konvent ist dieses magische Wort in der Schlussrunde der Beratungen über den Entwurf für die erste europäische Verfassung in aller Munde. Doch jeder versteht darunter etwas anderes.

Auftrag und Zusammensetzung der Versammlung, die im Dezember 2001 von den zehn Staats- und Regierungschefs der EU zur Vorbereitung einer Verfassung eingesetzt wurde, sind so definiert, dass nicht mit Mehrheiten entschieden werden kann. Der Konvent ist kein Parlament.

Drei Säulen der EU

Im Idealfall müssen vielmehr die verschiedenen "Komponenten" in dem Gremium so lange miteinander debattieren, bis sich die beste Lösung in einer Frage durchsetzt. Die Zusammensetzung des Konvents spiegelt die drei Säulen der EU: Von den 105 Mitgliedern sind 72 Vertreter der nationalen Parlamente und des Europaparlaments, 28 Entsandte der nationalen Regierungen und 2 Mitglieder der EU- Kommission. Dazu kommen die drei Präsidiumsmitglieder. 13 Länder, die der Union im Mai 2004 oder später beitreten wollen, haben Delegierte entsandt.

Diese Konstruktion gibt dem Konventspräsidenten, dem ehemaligen französischen Staatspräsidenten Valery Giscard d'Estaing, und seinen beiden Stellvertretern, dem Italiener Giuliano Amato und dem Belgier Jean-Luc Dehaene, eine entscheidende Rolle. Kommt ein Konsens nicht zu Stande - etwa beim heiklen Thema der Mehrheitsentscheidungen in der EU - hat der Präsident das letzte Wort.

Präsentation des Verfassungsentwurfs

Eine Festlegung, wie viel Zustimmung für einen Vorschlag letztlich als Konsens gilt, hat das Konventspräsidium stets vermieden. "Sobald sie festlegen, was ein Konsens ist, werden sie ihn nicht mehr erzielen können", sagte Dehaene am Donnerstag. Es liegt somit weitgehend in der Hand Giscards, welchen Verfassungsentwurf er den Staats- und Regierungschefs am 20. Juni in Thessaloniki präsentieren wird. Seine Hoffnung war bis zuletzt, dass möglichst alle Konventsmitglieder mit dem Verfassungsentwurf einverstanden sein werden.(dpa)