Das monatliche Bruttogehalt nach dem jeweiligen Kollektivvertrag ist verpflichtend anzugeben, sonst können Verwaltungsstrafen verhängt werden.

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Je nach Studie läuft es mal gut und dann wieder weniger gut. Zahlen sind oft Interpretationssache. Im Gegensatz zu gesetzlichen Bestimmungen, die sollten keinen Spielraum lassen. Fakt ist, dass Stellenanzeigen seit dem 1. Jänner verpflichtend die Angabe des Mindestgehalts enthalten müssen. Nicht alle, denn ausgenommen sind etwa Jobs auf Vorstandsebene, Positionen auf Werkvertragsbasis und in Branchen, die über keinen eigenen Kollektivvertrag oder ein gesetzliches Gehaltsschema verfügen. Ignoranten Firmen drohen Verwaltungsstrafen von bis zu 360 Euro.

Wirkt die Abschreckung? derStandard.at hat sich bei Personaldienstleistern und Jobbörsen umgehört, wie sie sich gegenüber ihren Kunden verhalten - ob sie auf mangelhafte Inserate hinweisen oder Unternehmen einfach gewähren lassen und wie die Regelung fast ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten (1. März 2011) und knapp zwei Monate nach Etablierung der Möglichkeit, Geldstrafen zu verhängen (1. Jänner 2012), funktioniert.

Kleine Betriebe säumiger

Rund 70 Prozent der Kunden setzen das Gesetz um, meint Oliver Wilken von Job-Consult. Probleme ortet er bei kleineren Betrieben: "Nach unserem Eindruck sind es vor allem mittelständische und große Unternehmen sowie Personalvermittlungsunternehmen, denen die Bestimmungen bekannt sind." Eine Jobbörse könne zwar Aufklärungsarbeit leisten, letztendlich seien aber die Firmen für die korrekte Umsetzung verantwortlich. Bei monster.at ist die Informationsoffensive für die Kunden schon seit einigen Wochen im Gange, sagt Barbara Riedl-Wiesinger. Sie schätzt, dass derzeit etwa die Hälfte aller Anzeigen Gehaltsangaben enthalten. "Wir sehen, dass generell noch Unsicherheit herrscht - vor allem bei den KMUs." Sie vertraut auf den Faktor Zeit, "damit Lerneffekte entstehen können".

Strafe auf eigene Verantwortung

Von Informationsarbeit in puncto Transparenz ist auch bei karriere.at die Rede. "In Wellen" und seit einigen Monaten, wie Geschäftsführer Jürgen Smid berichtet. Das Resultat? "Rund 70 Prozent der seit Jahresbeginn veröffentlichten Stelleninserate sind mit den verpflichtenden KV-Mindestgehaltsangaben versehen." Bevor ein Inserat online geht, werde es nach gewissen Qualitätskriterien geprüft, so Smid. Kunden werden darauf aufmerksam gemacht, wenn sie auf die gesetzliche Verpflichtung "vergessen" haben. Sollte ihnen das egal sein, gehen sie "eigenverantwortlich das Risiko einer Verwaltungsstrafe ein".

"Halten uns an gesetzliche Vorgaben"

"Keine Alternative" haben die Kunden von Lindlpower Personalmanagement. Sie müssten sich bei ihren Inseraten an den Bestimmungen orientieren, so Manuela Lindlbauer. Und zwar "ausnahmslos", denn: "Wir halten uns an gesetzliche Vorgaben." Vorgaben, die vor allem von Konzernen und großen Unternehmen laut Lindlbauer bereits jetzt "zu 100 Prozent" umgesetzt werden.

Viele Formulierungsmöglichkeiten

Von ähnlichen Werten erzählt auch Florens Eblinger von Eblinger & Partner. Er schätzt, dass sich aktuell 80 Prozent der Firmen gesetzeskonform verhalten, im Human-Resources-Bereich wüssten sowieso alle Bescheid. Es sei Aufgabe seiner Personalberatungsagentur, die Klienten mit Empfehlungen hinsichtlich der richtigen Formulierung zu versorgen. "Da es keine Erfahrung mit der offenen Kommunikation von Gehältern gibt, versuchen allerdings viele Firmen zunächst sehr vorsichtig und defensiv zu agieren." Außerdem, so Eblinger, gebe es eine "Fülle an unterschiedlichen Formulierungsmöglichkeiten", die viel "Spielraum" gewährten. Als "Berater" sei man bemüht, eine "saubere Gehaltsbandbreite darzustellen".

Gegen freiwillige Selbstverpflichtung

"Der Informationsstand ist sehr hoch", sagt Markus Fallenböck vom Personaldienstleister Iventa: "Wir haben unsere Kunden flächendeckend informiert - das erste Mal im Februar 2011 und dann nochmals massiv im November 2011." Er glaubt, dass bereits jetzt 90 Prozent der Anzeigen die Gehaltsinfos enthalten. Von einer Art freiwilligen Selbstverpflichtung, die Annahme von nicht gesetzeskonformen Inseraten zu verweigern, hält er nichts: "Das steht uns als Agentur nicht zu. Wir sehen uns als Dienstleister und Berater unserer Kunden." Letztlich sei es die Entscheidung des Auftraggebers, ob er diese Klausel verwendet oder nicht.

Defizite auch noch bei Medien

Differenzierter fällt die Bilanz von Margareta Holz von Deloitte aus: "Fast alle sind darüber informiert, wollen jedoch ungern das Gehalt angeben", resümiert sie und sieht vor allem bei "eigentümergeführten Unternehmen" noch große Vorbehalte gegenüber der Regelung. Informationsdefizite identifiziert sie aber auch bei jenen, die es eigentlich wissen müssten: "Nicht alle Tageszeitungen kennen die detaillierten Bestimmungen." Als Agentur müsse man den Kunden die klare Botschaft kommunizieren, dass es keine Empfehlung, sondern eine gesetzliche Verpflichtung sei, rät Holz. Die Vorschläge würden dann zumeist auch angenommen.

Drehscheibe von Angebot und Nachfrage

"Nicht die Rolle des Richters" übernehmen möchte Sylvia Dellantonio von willhaben.at. Deswegen komme eine Ablehnung von lückenhaften Anzeigen auch nicht infrage: "Wir fungieren als Drehscheibe von Angebot und Nachfrage." Information statt Verweigerung laute die Devise: "Wir machen Kunden darauf aufmerksam, dass sie mit Konsequenzen zu rechnen haben." Die meisten würden sich daran halten, allgemein gilt: "Je größer das Unternehmen, desto genauer der Wissensstand."

Administration wäre Zusatzaufwand

"Wir schätzen, dass sich über 90 Prozent an die Vorgaben halten", bilanziert Manuela Fischer vom Jobportal careesma.at. "Dass es das Gesetz gibt, wissen fast alle Kunden." Das sei auch eine Folge der intensiven Aufklärungsarbeit der letzten Monate, und: "Auch alle neuen Kunden werden vor Freigabe der Inserate auf das Gesetz hingewiesen und um Angabe von Gehaltsinformationen gebeten." Die finale Entscheidung, die Angabe wegzulassen, solle jedoch im Verantwortungsbereich der Unternehmen - und nicht der Medien - bleiben. Sonst wären Stellenmärkte mit zusätzlichem "administrativen Aufwand" konfrontiert. (om, derStandard.at, 21.2.2012)