Wien - August Wöginger ist bedrückt: Eine WC-Pause zur falschen Zeit ließ den ÖVP-Abgeordneten die Abstimmung über die Pensionsreform verpassen. Der Jungmandatar ist nicht der Erste, dem so ein Lapsus passiert. Immer wieder versäumen Abgeordnete wichtige Abstimmungen - manchmal hat das im Gegensatz zu Wögingers Absenz, die nur die Jastimmen zur Pensionsreform verringerte, auch Konsequenzen.

Ja-Nein-Nein-Stimme

1999 etwa nutzte das LiF im Wiener Landtag die starke Anziehungskraft des Buffets auf die Regierungsparteien und brachte flugs seinen Antrag ein - SPÖ und ÖVP gelang es in der Eile nur, 27 ihrer 58 Abgeordneten aus dem Buffet zu holen, der Antrag auf Abschaffung der Werbesteuer wurde mit den Oppositionsstimmen beschlossen. Und eine Sitzung darauf von der Koalition korrigiert. Ebenfalls eine Sitzung später musste die Wiener rot-schwarze Regierung eine Panne ausmerzen: Ein Budgetantrag fand keine Mehrheit, weil ein Großteil der SPÖ-Abgeordneten schlicht vergaß, die Hand zum Ja zu heben.

Während dieser Fauxpas leicht korrigiert werden konnte, rettete bei einem anderen Lapsus nur das Machtwort des SPÖ-Landtagspräsidenten die Abstimmung: Mitten in der Krise der Bundeskoalition über den Bank-Austria-Verkauf wurde in Wien über Privatisierung der Bank abgestimmt. Es kam auf jede Stimme an - FP, VP und LiF hatten 50 Ja-, SP und Grüne 50 Neinstimmen. Bei der Abstimmung sagte ein SP-Mandatar irrtümlich "Ja" - und versprach sich beim Korrigieren wieder: "Mein Wille hat auf Nein gelautet, ich habe mein Nein auf Nein korrigiert." Der SP-Präsident entschied (gegen Proteste) auf Nein, die Bank Austria wurde nicht privatisiert.

Solche Versprecher passieren im Nationalrat selten, auch, weil meist mit Zetteln abgestimmt wird. Auch das nicht fehlerfrei: Ex-SP-Klubchef Peter Kostelka gab einmal gleich zwei Ja-Stimmzettel ab - und entschuldigte sich, sie seien zusammengepickt.

Prinzhorns Panne

Folgenschwerer war ein Geschäftsordnungswirrwarr des Zweiten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn bei der Abstimmung über die Pensionsreform 2000: Er ließ über Anträge abstimmen, die keiner eingebracht hatte - vergaß aber einen SPÖ-Antrag. Der Verfassungsgerichtshof sah über den Fehler nicht hinweg, hob die Reform aus Formalgründen auf, sie musste neu beschlossen werden.

Peinlicher war die Panne, die den Kärntner Blauen 1997 passierte: Sie stimmten dem Politikerbezügegesetz von ÖVP und SPÖ zu, das sie monatelang bekämpft hatten.

Dabei geht die FP teils auf Nummer sicher und markiert ihre Stimmzettel, um Abweichler zu schrecken - etwa bei der Wahl von Franz Fiedler zum Rechnungshofchef. Die Wahl wurde wiederholt. Selbst markierte Stimmzettel sichern der FPÖ nicht immer das gewünschte Ergebnis. 1987, bei der Wahl des burgenländischen Landeshauptmanns, paktierten zwar VP und FP die Abwahl des Roten. Nur zwei Neinstimmen hatten aber das blaue Stricherl, der dritte Blaue war umgefallen - und der rote Hans Sipötz Landeshauptmann.

Überhaupt nicht abgestimmt werden konnte hingegen einmal im Europaparlament: Von 626 Abgeordneten waren nur 179 da - und das Parlament beschlussunfähig. (Eva Linsinger/DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2003)