Bild nicht mehr verfügbar.

Premier Miller stellt im Parlament die Vertrauensfrage.

Foto: EPA/PAP/Pawel Kula
"Die beste Idee Kolodkos" - mit dieser Schlagzeile feierte die Boulevardzeitung Superexpress am Donnerstag den Rücktritt des polnischen Finanzministers Grzegorz Kolodko. Und setzte hinzu: "Wir sind ihn los: den Schnösel, den billigen Schauspieler, den Meister des ,Uns-in-die-Tasche-Greifens'."

"Schiffe versenken"

Über die "Chaosregierung" Leszek Millers vom Bündnis der demokratischen Linken (SLD) wird in Polen nur noch sarkastisch gewitzelt. Unfähigkeit und Korruption unter den Ministern haben so weit geführt, dass Gazeta Wyborcza, Polens größte Tageszeitung, schon seit Tagen "Schiffe versenken" spielt und die Politiker inzwischen durchnummeriert: "Versenkt Nr. 2!, Versenkt Nr. 3!"

Doch Miller, dessen Name auch immer wieder im Zusammenhang mit den Korruptionsskandalen genannt wird, will es nun allen zeigen. Am heutigen Freitag stellt er im Sejm, dem Abgeordnetenhaus, die Vertrauensfrage. Da für Miller nicht nur die Koalitionsparteien SLD und Union der Arbeit (UP) stimmen werden, sondern auch zwei Splitterparteien sowie mindestens zwölf parteilose Abgeordnete, wird der Premier durch das Votum wohl gestärkt werden.

Polens neuer Finanzminister Andrzej Raczko, der bisher weitgehend unbekannte Stellvertreter Kolodkos, muss innerhalb der nächsten Wochen eine Reform der öffentlichen Finanzen vorlegen, dazu einen Sparhaushalt für das Jahr 2004. Dies hat zwar Kolodko bereits am Dienstag getan. Doch seine "Traumzahl" von 33,1 Milliarden Zloty Minus im Haushalt erreichte er, indem er neun Milliarden Zloty (2,03 Mrd. Euro) Währungsreserven der Nationalbank auflöste und als "Plus" in den Haushalt einrechnete, andererseits aber fast zwölf Mrd. Zloty (2,7 Mrd. Euro) Rentenzuschüsse des Staates rausrechnete.

Ein "kreatives Budget" nannte das die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita. Protest legte auch Nationalbankpräsident Leszek Balcerowicz ein: "Wir werden die Notenpresse nicht in Gang setzen. Das wäre ein Verfassungsbruch." (DER STANDARD, Printausgabe, 13.6.2003)