Wien- Diskussionen rund um nichtärztliche Leistungen im System der sozialen Krankenkassen sind in Österreich nicht neu. Verkompliziert wird die Sachlage durch die Vielfalt der Krankenkassen und ihre Leistungen - zumindest von Bundesland zu Bundesland. "Oft entstehen Probleme durch Schwierigkeiten auch in der Kommunikation zwischen Therapeut und Patient", erklärte Agnes Görny von Physio Austria, dem Bundesverband der Physiotherapeuten Österreichs.

Prozedere Physiotherapie

So wird bei diesen Behandlungsformen vorgegangen: Der Arzt verschreibt Physiotherapie. Festgelegt ist nach alten Kassen-Leitungskatalogen die Trennung in "aktive" oder "passive" Physiotherapie. Dann geht es um die Dauer von 30 oder 45 Minuten. Und schließlich ist die Zahl der Therapien in Serie ein Thema. Physiotherapie ist chefarztpflichtig. Agnes Görny: "Der Physiotherapeut wählt unter den vielen verschiedenen Möglichkeiten einer solchen Behandlung das am besten geeignet erscheinende Verfahren aus. Probleme entstehen zum Beispiel, wenn eine 'aktive' Physiotherapie erst durch scheinbar 'passive' z.B. manualtherapeutische, mobilisierende Maßnahmen vorbereitet werden muss." Das könne dann nämlich zum Beispiel wie eine "Massage" aussehen, sei aber etwas ganz anderes.

Kassenzuschuss in nur vier Bundesländern

Die finanziellen Daten: Laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger wurden im Jahr 2010 in Österreich knapp 35 Millionen Euro an Honoraren für Physiotherapeuten mit Verträgen mit den Krankenkassen ausbezahlt. Leistungen durch Wahlphysiotherapeuten machten rund 91 Millionen Euro aus. Kassenverträge gibt es aber nur in Wien, Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Tirol. Je nach Leistungspositionen differiert die Höhe des Kassenhonorars für die Hauptposition einer allgemeinen Physiotherapie für 30 Minuten reicht in Österreich die Spanne zwischen den Kassentarifen von rund 19 bis 24 Euro.

Bei Konsultation eines Therapeuten ohne Kassenvertrag (Wahltherapeut) werden nur 80 Prozent des Kassentarifs refundiert. Solche vollends freiberuflichen Physiotherapeuten verrechnen erfahrungsgemäß Honorare zwischen 60 und 120 Euro pro Stunde.

Auf jeden Fall eine Crux: Dort, wo es keine Kassenverträge gibt - in Kärnten, in der Steiermark, im Burgenland und in Niederösterreich - bekommen Gebietskrankenkasse-Versicherte überhaupt nur einen Kostenzuschuss, der pro 30 Minuten physiotherapeutischer Behandlung nur zwischen rund zehn Euro in der Steiermark und etwa 17 Euro in Kärnten liegt. Die Expertin: "Da kommen dann recht schnell hohe Selbstbehalte zusammen."

Die verworrene Situation ist auch noch durch zunehmende Sparzwänge der Krankenkassen bestimmt. Agnes Görny: "Der Sparstift wird besonders bei Leistungen an Patienten angesetzt, welche keine 'Standard-Patienten' darstellen, sondern die Physiotherapie benötigen, damit sich ihr Gesundheitszustand im Rahmen der Krankenbehandlung nicht verschlechtert obwohl die Grunderkrankung nicht mehr einer Heilung zugänglich ist."

Das sind besonders schwer betroffene alte Menschen, die beispielsweise zur Erhaltung einer Rest-Gehfähigkeit und Autonomie regelmäßig eine Physiotherapie benötigen und zum Beispiel Kinder und Jugendliche mit spastischen Lähmungen." Diese Patientengruppen sind naturgemäß allen möglichen Limitierungen auch ziemlich hilflos ausgeliefert.

Es geht auch um die Zahl der Behandlungen. Das System ist nämlich eher darauf ausgelegt, dass nach spätestens zehn Therapien (plus sechs im Verlängerungsfall) die Sache behoben ist. (APA)