Istanbul - Man macht Andeutungen, schweigt höflich oder gibt eifrig Versicherungen ab: "Sein Zustand ist sehr gut. Er arbeitet weiter. Ich habe vor einer Stunde mit ihm am Telefon gesprochen. Von nächster Woche an wird er in Ankara sein." Das sagt etwa Hüseyin Çelik, Vizechef der türkischen Regierungspartei AKP. Doch eigentlich wollte Premierminister Tayyip Erdogan schon vergangene Woche wieder in seinem Amtssitz in Ankara sein, gleich nach der neuerlichen Operation in einem Istanbuler Universitätsspital.
Erdogan hatte sich Ende November vergangenen Jahres zum ersten Mal einer Darmoperation unterzogen. Gutartige Geschwüre seien mit einer Sonde entfernt worden, gab einer der Chirurgen später Auskunft. Das Premiersamt verschwieg die Operation zunächst, dann blieb Erdogan drei Wochen in seinem Privathaus in Istanbul und erholte sich von dem Eingriff. Vier Kilo habe er verloren, erklärte der 57-Jährige, als er unter dem Applaus der AKP-Fraktion wieder seinen Platz auf der Regierungsbank einnahm. In einem TV-Interview verneinte Erdogan die Frage, ob er an Krebs erkrankt sei. Partei und Regierung sind völlig auf ihn zugeschnitten.
Der zweite Eingriff erfolgte wohl am 10. Februar, war angeblich geplant und nur 30 Minuten lang. Auf zwei Fotos, die in den folgenden Tagen veröffentlicht wurden, sahen die Türken einen abgemagerten, erschöpft wirkenden Premier. Am Montagabend dieser Woche gab es aber wieder Fernsehbilder: Erdogan empfing in Istanbul den chinesischen Vizepräsidenten Xi Jinping. (mab, DER STANDARD-Printausgabe, 23.02.2012)