Rom - Neuer Paukenschlag in der Geschichte um die Publikation geheimer Vatikan-Dokumente: Der TV-Sender La 7 zeigte am Mittwoch ein Interview mit einem Beamten des Staatssekretariats, der die Dokumente an Journalisten weitergegeben hat. Der Journalist Gianluigi Nuzzi führte das Gespräch mit dem vermummten Mann an einem geheimen Ort.

Nuzzi, Autor des Bestellers Vatikan AG, war letzthin vom Vatikan erstmals eine Presseklage angedroht worden. Sein Gesprächspartner, der mit römischem Akzent sprach, bezeichnete sich als gläubigen Katholiken, der seit 20 Jahren in der vatikanischen Verwaltung arbeite. Er sei nicht allein, es gebe rund 20 Maulwürfe in wichtigen Ämtern der Kirchenführung."Ich habe für die Dokumente kein Geld erhalten. Das wäre mit meinem Ethos nicht vereinbar. Ich bin ein Zeuge der Wahrheit", erklärte der Unbekannte, der vorgab, aus Ärger und Wut gehandelt zu haben. Das "Klima der Angst" im Vatikan verglich er mit der Omertá, dem Schweigegebot der Mafia: "Statt jetzt nach den Lecks im Staatssekretariat zu forschen, soll der Vatikan besser Licht in dunkle Angelegenheiten bringen." Dabei erwähnte er die rätselhafte Entführung der 15-jährigen Vatikan-Bürgerin Emanuela Orlandi und den Mord am früheren Kommandanten der Schweizergarde, Alois Estermann. (mu/DER STANDARD Printausgabe, 24.2.2012)