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Mario Draghi.

Foto: EPA

Frankfurt - Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, verlangt nicht nur eine anhaltend strikte Sparpolitik in den europäischen Krisenstaaten, sondern sieht auch den europäischen Sozialstaat als Auslaufmodell an.

In einem Interview mit dem "Wall Street Journal" sagte Draghi, viele Regierungen hätten Entscheidungen für Budgetkonsolidierungen und Strukturreformen getroffen. "Das Bankensystem erscheint weniger anfällig als vor einem Jahr." Draghi ermahnte die Krisenstaaten der Eurozone, den strikten Sparkurs fortzusetzen. "Haushaltskonsolidierung ist unvermeidbar unter den gegebenen Bedingungen, und durch sie wird Zeit für Strukturreformen gewonnen." Wenn die Budgetkonsolidierung vernachlässigt werde, würden die Märkte umgehend reagieren, warnte Draghi. 

Absage an Spar-Zweifler

In den vergangenen Tagen waren Stimmen lauter geworden, die vor einem Totsparen Griechenlands warnten. Die restriktiven Sparpakete würden einen nachhaltigen Aufschwung abwürgen. Draghi erteilt in dem Interview all den Kritikern eine Absage und gibt den fiskalpolitischen Hardliner. Es gebe keinen plausiblen Zielkonflikt zwischen Wirtschaftsreformen und einem Sparkurs.

Die Krise habe zudem gezeigt, dass das europäische Sozialstaats-Modell am absteigenden Ast sei. Es gebe keine schnellen Lösungen, und es sei auch unrealistisch zu hoffen, dass China die Eurozone retten werde. Europa brauche zwingend stukturelle Reformen am Arbeitsmarkt und in anderen Bereichen der Wirtschaft. Draghi ist überzeugt, dass damit Europa auch stärker zusammenwachsen werde.

Griechenland ist laut dem EZB-Chef das größte Risiko für die Eurozone. Auch wenn Athen mit Rettungspaket, Spar- und Reformwillen Chancen zur Konsolidierung habe, sei es schwer zu sagen, ob die Krise damit abgewendet sei, so Draghi. Die griechische Führung müsse nun ihre Versprechen einhalten und die Reformen auch umsetzen.

In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sieht Draghi allerdings auch schon Zeichen für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Eurozone. "Die Lage ist in den einzelnen Euroländern sehr unterschiedlich, hat sich aber insgesamt stabilisiert", so Draghi. (rom, Reuters, derStandard.at, 24.2.2012)