Fällt das Wort Konkordat (wie im letzten Blog), werden sofort Stimmen laut, die Kirche bekomme unnötig viel Geld vom Staat. Nehmen wir zunächst das Allerbeste an: Staat und Kirche stützen einander - und beide profitieren. Wenn dem so ist: Was spricht dann dagegen, dies in einer Transparenzdatenbank deutlich zu machen? Wahrscheinlich bedarf es - sofern die Daten zugänglich gemacht werden - nur einer Handvoll Fachleute aus dem staatlichen und kirchlichen Bereich, um diese Auswertung innerhalb kurzer Zeit zusammenzustellen.

Ein derartiger Rechenschaftsbericht wäre seitens der Kirche aber nicht nur gegenüber dem Staat wichtig, sondern auch gegenüber den eigenen Gläubigen! Denn eine Institution, die ihren Mitgliedern einen Zwangsbeitrag abverlangt (der nicht durch die Mitglieder legitimiert ist), muss auch belegen, dass sinnvoll gewirtschaftet wird. Und zwar nicht nur mit den Kirchenbeitragsmitteln, sondern auch mit all den anderen Ressourcen, die sie im Laufe der Jahrhunderte zusammengesammelt hat. Die Orden sollten sich da übrigens nicht ausnehmen.

Hier gleich ein paar Thesen vorab, welche Bewertung bei einer Transparenzdatenbank herauskommen könnte:

Der grüne Bereich: Caritas , Privatschulen, Krankenhäuser & Co.

Häufig wird die Bezahlung der Lehrer von katholischen Privatschulen durch den Staat als Privileg angesehen. In einer gesamtwirtschaftlichen Rechnung ergibt sich aber ein Vorteil für die öffentliche Hand, weil sie eben nur die Lehrerkosten und nicht die sonstigen Sachkosten pro Schüler aufbringen muss. Ein mögliches Privileg besteht darin, dass es katholische Privatschulen (sowie auch andere konfessionelle Schulen) besonders einfach haben, das Öffentlichkeitsrecht und damit die Bezahlung der Lehrerkosten zu erhalten. Diese einseitige Bevorzugung kann der Staat leicht selbst abstellen, indem er auch anderen privaten Trägen diese Möglichkeit einräumt.

Ebenso gibt es Vorteile für den Staat im karitativen Bereich: Finanzzuschüsse der öffentlichen Hand dienen ja nicht dazu, dass sich ein Franz Küberl die Nase vergoldet, sondern werden auf Basis genau definierter Kostenersätze für soziale Leistungen erbracht. Hier gibt es längst einen Wettbewerb sozialer Organisationen. Öffentliche Einrichtungen sind in der Regel nicht günstiger. Die Ordensspitäler erhalten absurderweise sogar deutlich niedrigere Zahlungen pro Leistung als die städtischen Spitäler in Wien.

Im Bereich der sozialen Dienstleistung braucht die Kirche, so meine Ferndiagnose, den Vergleich nicht zu scheuen - sie ist eine wichtige Säule im Sozialsystem.

Der gelbe Bereich: Der Denkmalschutz

Unterschiedlich fällt meine Einschätzung zum Thema Denkmalschutz aus. Dabei profitiert der Staat überproportional vom kirchlichen Engagement. Viele kirchliche Gebäude sind längst zum Denkmal, zum Symbol des Landes und vor allem zu Fremdenverkehrsmagneten geworden. Die Hauptlast der Erhaltung liegt aber bei den Kirchen. Daher eine grüne Ampel für die Kirche im Verhältnis Kirche - Staat, aber eine rote Ampel im innerkirchlichen Verhältnis! Denn häufig ist das Engagement der Kirche von einer Seelsorge zu einer Steinsorge mutiert. Anders formuliert: Für Schönbrunn braucht ein Staat, der vom Fremdenverkehr sehr gut lebt, auch keine Spendenaktionen. Warum dann für den Stephansdom?

Der rote Bereich: Mensalgüter, Domkapitel & Co.

Abseits der öffentlichen Wahrnehmung besitzt die Kirche aber auch Güter, die selbst der innerkirchlichen Kontrolle entzogen sind. Die Bischöfe verfügen (allein) über sogenannte Mensalgüter, die für den bischöflichen Unterhalt sorgen. Was da alles dazugehört, wissen nur die Bischöfe und ein paar Verwalter. Natürlich spricht nichts dagegen, dass ein Bischof in einer Wohlstandsgesellschaft einen soliden Lebensunterhalt hat. Die Dimension dieser Güter kommt aber noch aus fürsterzbischöflichen Zeiten. Ist heute eine Jagdhütte wirklich ein angemessenes Freizeitrefugium eines Bischofs?

Zu einer besonderen Verschleierung der Geldflüsse kommt es, wenn diese Mensalgüter Objekte an die Diözesen vermieten. Damit transferiert man Kirchenbeitragsmittel in einen eigenen Rechnungskreis, über den nur der Bischof entscheidet. Was damit geschieht, scheint in den in den diözesanen Rechenschaftsberichten nicht mehr auf.

Die Domkapitel haben häufig die Erträge von althergebrachten Stiftungen. Ob die 200-Quadratmeter-"Dienst-Wohnungen" so mancher Domherren standesgemäß (besser wäre: sozial angemessen) sind - darüber entscheiden die Domherren alleine und bleiben bislang dabei.

Transparenter wäre es, all diese Güter in die diözesane Verwaltung einzugliedern und für eine verantwortungsvolle Verwendung zu sorgen. Das wär auch die Gelegenheit, sich von manchem Pomp zu trennen. "Leider war es in der Geschichte aber immer so, dass auch die Kirche nicht die Fähigkeit hatte, selber das irdische Gut abzustoßen, sondern dass es ihr immer wieder genommen werden musste und dieses Genommenwerden ihr dann zu Heil gereichte", analysierte allerdings schon Benedikt XVI., als er noch Kardinal Ratzinger hieß.*

Der dunkelrote Bereich: Der Religionsunterricht

Beim - vom amtierenden Papst übrigens mit schlechten Zensuren versehenen - staatlich finanzierten Religionsunterricht kommt unsere Kirche meines Erachtens tatsächlich in Argumentationsnotstand. Damit beschäftigt sich ausführlich der nächste Blog, sonst wird es für heute zu lang.

So viel Zeit muss allerdings sein: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Verantwortung der Päpste und des Vatikans am internationalen Missbrauchsskandal geklärt werden muss. Der derzeitige Papst hat bisher lediglich zur Schuld einzelner Priester und Bischöfe Stellung genommen. Zu den Vorgängen innerhalb der vatikanischen Mauern fand er kein Wort. Benedikts beharrliches Schweigen dazu macht ihn als Papst unglaubwürdig. (derStandard.at, 27.2.2012)