Das Denkmal des ersten Präsidenten nach dem Ersten Weltkrieg, Graf Mihály Károlyi, auf dem Platz vor dem Parlament soll den Umbauarbeiten zum Opfer fallen.

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Auf dem Budapester Kossuth tér, dem großen Platz vor dem neogotischen Parlamentsgebäude, sind am Wochenende die ersten Bauzäune errichtet worden. Dem symbolträchtigen Ort steht ein gründlicher Umbau bevor. Nach dem Willen von Premier Viktor Orbán soll im politischen Herzen der Nation das Flair der Horthy-Zeit wiedererstehen. "Der künstlerische Anblick des Platzes ist so wiederherzustellen, dass er dem Zustand von vor 1944 entspricht", heißt es im Parlamentsbeschluss, den die Abgeordneten der Orbán-Partei Fidesz im Juli absegnet hatten.Der " Reichsverweser" Miklós Horthy regierte von 1921 bis 1944. Er verbündete sich mit Hitler-Deutschland, unter seine Herrschaft fiel die Deportation von mehr als 400.000 ungarischen Juden nach Auschwitz. Die seit Mai 2010 regierende Fidesz hat sich bisher - anders als die rechtsextreme Jobbik (Die Besseren) - nicht direkt für die Rehabilitierung der Horthy-Zeit ausgesprochen. Kritiker meinen, die Renovierung des Platzes füge sich in eine Reihe von Fidesz-Stellungnahmen, die erkennen lassen, dass man dieser Ära nicht kritisch gegenüberstehe.

Hassfigur für die Rechte

Der Umbau ist Kritikern zufolge auch Teil des Bestrebens, die Erinnerung an linke und republikanische Persönlichkeiten der ungarischen Geschichte auszublenden. Mit der Wiederherstellung des architektonischen Gepräges der Horthy-Zeit sind nämlich die später aufgestellten Statuen zum Abriss verurteilt. Darunter fällt das Denkmal des ersten Präsidenten der nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Republik Ungarn, Graf Mihály Károlyi (1875-1955). Der links-bürgerliche Aristokrat ist eine Hassfigur für die gesamte ungarische Rechte, Jobbik fordert schon seit längerem seine Entfernung vom "Hauptplatz des ungarischen Staates". Verschwinden muss wahrscheinlich auch die 1980 aufgestellte Bronzestatue, die den renommierten plebejischen Dichter Attila József (1905-1937) zeigt, wie er am Donauufer sitzt und melancholisch über den von ihm besungenen Strom (An der Donau, 1936) blickt. Allerdings ist in seinem Fall das letzte Wort noch nicht gesprochen, nachdem sich Kulturstaatssekretär Géza Szöcs (Fidesz) zuletzt für seinen Verbleib eingesetzt hat.Die Umbauten sollen 2,5 Milliarden Forint (8,6 Mio. Euro) kosten und zwei Jahre dauern, das heißt den Rest der gegenwärtigen Legislaturperiode. Der Parlamentsvorplatz - anders als in Österreich gibt es in Ungarn die Bannmeile nicht - ist immer wieder auch ein beliebter Ort für Demonstrationen der jeweiligen Regierungsgegner. So wie jetzt die Bauzäune in den Himmel wachsen, wird das künftig schwierig werden. "Ist doch klar", meinte am Montag ein Anhänger der Protestbewegung "Milla" (Eine Million für die Pressefreiheit), die im vergangenen Oktober zehntausende Menschen gegen die Orbán-Regierung auf die Straße brachte. " Damit soll verhindert werden, dass man dort in den nächsten zwei Jahren demonstrieren kann." (DER STANDARD Printausgabe, 28.2.2012)