Die Pensionsreform hat dem Ansehen der Politiker in der Bevölkerung geschadet

montage: derStandard.at
Wien - Die Pensionsreform hat das Vertrauen der Österreicher in ihre Politiker schwer beschädigt. Das hat eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OGM für das APA/OGM-Politiker-Radar (500 Telefoninterviews, 10. Juni) ergeben. Im Vergleich zum April haben vor allem die Repräsentanten der großen Regierungspartei ÖVP, allen voran Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V), am Vertrauensindex, dem Saldo aus Vertrauen ja oder nein, Einbußen hinnehmen müssen. Verloren haben aber auch die Oppositionsführer Alfred Gusenbauer (S) und Alexander Van der Bellen (G).

"Sehr schlechte Vertrauensnoten"

"Die Bevölkerung hat noch einmal nachgesetzt und allen Politikern sehr schlechte Vertrauensnoten verpasst", so OGM-Politologe Peter Hajek. Bereits von der Regierungsbildung Anfang März bis zum April hatten vor allem die Vertreter der Regierungsparteien schon einmal eingebüßt.

Gründe

Als Gründe für den Vertrauensverlust nennt der Meinungsforscher die schlechte Kommunikation und die Uneinigkeit der Regierung bei der Pensionsreform, die nicht zu Stande gekommene Einigung mit den Sozialpartnern und die größten Streiks der Zweiten Republik. Aber auch die Debatte um die Abfangjäger und die Politikerpensionen hätten das ihre beigetragen. "Das Vertrauen in die österreichische Politik ist nachhaltig geschädigt und zukünftige Reformprojekte wie die Harmonisierung der Pensionssysteme und die Reform des Gesundheitssystems werden auf großes Misstrauen in der Bevölkerung stoßen", so Hajeks Resümee.

XY

Neuer Spitzenreiter im Vertrauensindex - ausgehend von der Frage "Vertrauen Sie xy oder vertrauen sie xy nicht oder kennen Sie xy nicht?" wird der Saldo aus Zustimmung und Ablehnung gebildet - ist der Zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer (S). Er hat Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V) knapp auf den zweiten Platz verwiesen. Bundespräsident Thomas Klestil hat seinen dritten Platz verteidigt.

Best of Böse

Die größten Verluste hinnehmen mussten neben Bartenstein (minus 20 Punkte) Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V, minus 19), Finanzminister Karl-Heinz Grasser sowie VP-Klubchef Wilhelm Molterer (je minus 18) und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V, minus 15).

Einen Rückgang verzeichneten auch Gusenbauer (minus zwölf) und Van der Bellen (minus sieben). Der SPÖ-Chef habe im Lauf der Pensionsdebatte abgebaut, kommentiert Hajek. Und Van der Bellen sei in der harten Diskussion zu sehr Gentleman geblieben.

Geringer ist im Vergleich dazu mit minus drei Punkten der Verlust für Vizekanzler Sozialminister Herbert Haupt (F, minus drei). Er rangierte freilich schon im April an der vorletzten Stelle des Vertrauensindex, hinter ihm lag nur der Dritte Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn. Der OGM-Meinungsforscher spricht ihm daher - so wie seinen Parteikollegen in Regierungsämtern - "akzeptable Werte auf niedrigem Niveau" zu.

Die Guten

Ein Plus weist der Vertrauensindex im Vergleich zum April überhaupt nur bei zwei Personen auf: Landwirtschaftsminister Josef Pröll (V) und Justizminister Dieter Böhmdorfer (F). Beide haben sich in der Debatte zurückgehalten, so Hajek. "Bauernführer" Pröll könne zudem durch gute Medienauftritte punkten. Vom allgemeinen Vertrauensverlust nur geringfügig erfasst wurde mit einem Minus von drei Punkten auch Klestil, der Initiator der "Runden Tische".

Schüssel verlor deutlich beim "Kanzlerbonus", Minus auch für Gusenbauer

Im Gefolge der Pensionsdiskussion hat Wolfgang Schüssel beim "Kanzlerbonus" deutlich verloren, SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer verbuchte ein leichtes Minus. Herbert Haupt konnte etwas zulegen. Das geht aus einer Umfrage des Linzer Market-Instituts hervor, deren Ergebnisse am Freitag veröffentlicht wurden.

Market befragte am 3. Juni einen repräsentativen Querschnitt von 400 Österreicherinnen und Österreichern über 18 Jahre. Die Frage lautete: "Angenommen, Sie könnten den österreichischen Bundeskanzler direkt wählen, welche dieser Personen würden Sie persönlich zum Bundeskanzler wählen?"

Bei der jetzigen Befragung votierten 24 Prozent für Schüssel, bei einer vergleichbaren Umfrage Anfang Februar des heurigen Jahres waren es noch 53 Prozent gewesen. Bereits Ende April war der Wert für Schüssel auf 34 Prozent gesunken.

16 Prozent sagten bei der jetzigen Befragung, sie würden Alfred Gusenbauer zum Bundeskanzler wählen, Anfang Februar hatten dies 20 Prozent gesagt, Ende April ebenfalls 20 Prozent.

Alexander Van der Bellen (G) würde jetzt von 14 Prozent zum Bundeskanzler gewählt, Anfang Februar lag dieser Anteil bei 13 Prozent, Ende April bei 15 Prozent.

Herbert Haupt (F) würden jetzt drei Prozent zum Regierungschef wählen, Anfang Februar waren es ein Prozent gewesen, Ende April vier Prozent.

Der Rest der Befragten sagte "weiß nicht" oder machte keine Angaben. (APA)