Wien - Die zuständigen Ministerinnen haben die neu aufgetauchte Mehrtätertheorie im Fall Kampusch zurückhaltend kommentiert. Sowohl Justizministerin Beatrix Karl als auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) wollten vor dem Ministerrat am Dienstag entsprechende Äußerungen des ÖVP-Abgeordneten Werner Amon nicht bewerten.

Amon hatte als Vorsitzender des geheimen Unterausschusses, der den Fall untersucht, Zweifel an der Einzeltäterschaft von Wolfgang Priklopil geäußert. Sie wolle zuerst das Ergebnis des Unterausschusses abwarten, sagte Karl. Ob juristischer Handlungsbedarf bestehe, könne sie daher nicht sagen.

Innenministerin Mikl-Leitner meinte auf die Frage, ob in diesem Fall schlecht gearbeitet worden sei, das sei ein gut evaluierter Fall. Sollte weiterer Handlungsbedarf bestehen, werde man alles auf den Tisch legen. Die Mehrtätertheorie wollte auch sie nicht kommentieren.

Pilz attestiert "erbärmliche Arbeit"

Laut Ö1 zeigten sich mehrere ÖVP-Abgeordnete vom Vorstoß ihres Kollegen Amon "verwundert bis befremdet". Es gebe noch keinen Beschluss des Ausschusses, eigentlich sei Stillschweigen über die geheime Arbeit vereinbart. 

Der grüne Abgeordnete Peter Pilz kritisierte, dass es nach "erbärmlicher Arbeit der Staatsanwaltschaft" jetzt ohnehin zu spät sei zu klären, ob Wolfgang Priklopil ein Einzeltäter war. Allerdings seien "die Hinweise, dass es eine internationale, geheimnisvolle Kinderpornologe gegeben haben soll, mit der sich sämtliche Staatsanwälte verbündet haben sollen", reichlich absurd und durch Tatsachen nicht untermauert, wurde Pilz auf Ö1 zitiert.

Westenthaler hat Angst vor weiteren Tätern

Der BZÖ-Abgeordnete Peter Westenthaler geht hingegen davon aus, "dass die Einzeltätertheorie nicht mehr haltbar ist, aus Dutzenden Widersprüchen, die sich aus dem Akt ergeben". Man müsse Angst davor haben, dass weitere Täter frei herumlaufen.

Die freiheitliche Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein bemängelte, dass sich die Spekulationen auf eine einzelne Person konzentrierten und dass es nicht nachvollziehbar sei, warum diese geschont werde. Belakowitsch-Jenewein meinte damit Priklopils besten Freund und Geschäftspartner, der allerdings schon vom Gericht freigesprochen wurde.

Auf die Frage, ob internationale Kriminalisten zur weiteren Aufarbeitung herangezogen werden sollten, äußerte sich der SPÖ-Abgeordnete Otto Pendl: "Gegen eine neuerliche Evaluation spricht nie was." (red/APA)