Wien - 800.000 Österreicher - das entspricht zehn Prozent der Bevölkerung - leiden an der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) mit sich langfristig verschlechternder Atmungsfunktion.

Ein nicht unbeträchtlicher Teil von ihnen ist medizinisch nicht optimal versorgt. Zu einem erheblichen Anteil dürfte das auch durch das Gesundheitswesen bedingt sein. Das ist das Ergebnis eines europaweiten Audits in Krankenhäusern, dessen Österreich-Ergebnisse am Dienstag von der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖPG) in Wien präsentiert wurden.

43 österreichische Spitäler beteiligt

Die Umfrage wurde von der European Respiratory Society (ERS) in 13 Staaten durchgeführt. Insgesamt flossen die Daten von 15.819 COPD-Patienten ein, welche wegen einer akuten Verschlechterung ihrer Symptome ins Spital aufgenommen worden waren. In Österreich nahmen 49 Spitäler teil, Informationen gab es von 823 Betroffenen.

Otto Burghuber, Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für COPD und pneumologische Epidemiologie in Wien zur Konzeption der Umfrage: "Ein Audit ist die Analyse eines medizinischen Prozesses, in dem mit einem Standard verglichen wird."

Werte alles andere als optimal

Die Auswertung der Daten aus Österreich bei den Betroffenen der primär durch das Rauchen ausgelösten Erkrankung, die langfristig bei zunehmendem Lungenfunktionsverlust in die Invalidität und zum Lungenemphysem führt, zeigte nicht unbedingt optimale Werte:

  • 21 Prozent der Spitalsaufnahmen erfolgten im Stadium 1 der Erkrankung, 14 Prozent im mittelschweren Stadium 2. Diese Patienten sollten wahrscheinlich am besten außerhalb der Krankenhäuser betreut werden (Stadium 3: 37 Prozent, Stadium 4: 28 Prozent der stationären Aufnahmen).
  • Bei der Aufnahme ins Spital lagen nur bei 34 Prozent der Patienten Daten aus einer einfachen Lungenfunktionsprüfung vor (Europa-Durchschnitt: rund 60 Prozent). Hier spielt der Umstand, dass in Österreich die Krankenkassen beim Allgemeinmediziner eine solche Spirometrie nicht flächendeckend im Leistungskatalog haben, die wohl bedeutendste Rolle.
  • Mit zwölf Tagen liegen die österreichischen COPD-Patienten im Durchschnitt um einen Tag länger im Spital als im europäischen Durchschnitt.
  • Binnen 90 Tagen kommt es im europäischen Durchschnitt bei 35,1 Prozent der bereits einmal im Krankenhaus wegen akuter COPD-Symptome aufgenommenen Patienten zu einem neuerlichen Spitalsaufenthalt, in Österreich ist das bei gar 39,7 Prozent der Kranken der Fall.
  • Rehabilitationsprogramme sind nur für 18,4 Prozent der Betroffenen in der Alpenrepublik zugänglich, im europäischen Durchschnitt hingegen für rund die Hälfte der Patienten.
  • 63 Prozent der Spitäler in Österreich berichteten von mangelnden Kapazitäten für die Beatmung schwerst kranker COPD-Patienten.

"Gesundheitspolitischer Horror"

"Das ist ein gesundheitspolitischer Horror", betont Otto Burghuber, "da sind die Kosten enorm. Das sollte die Gesundheitspolitik auf den Plan rufen." Rund 40 Prozent der österreichischen COPD-Patienten werden im Spital auch noch mit intravenös zu verabreichenden Theophyllin-Präparaten behandelt, die nicht mehr moderner Standard sind.

Verbesserungsmöglichkeiten diskutieren

Zwar liegt Österreich bei einer Spitalsmortalität von 4,1 Prozent (Europa-Durchschnitt: 4,9 Prozent) recht gut, doch weisen die Daten auch auf offenbar andere gravierende Versorgungsmängel hin: 5,3 Prozent der österreichischen COPD-Patienten haben Diabetes mit bereits dokumentierten schweren Langzeitschäden, im europäischen Durchschnitt sind es nur 1,9 Prozent.

Laut Sylvia Hartl, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, will man jetzt Gesundheitspolitik und Krankenhausträger mit den Daten im Einzelnen konfrontieren, um Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren. (APA)